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In der Justizvollzugsanstalt Landsberg wird Uli Hoeneß seine Haftstrafe verbüßen.

© dpa

Uli Hoeneß und die Folgen: Viele Fragen bleiben unbeantwortet

Eine Haftstrafe für Uli Hoeneß. Das Urteil des Landgerichts wirkt juristisch vertretbar, das Strafmaß gegen den prominenten Steuersünder gerecht. Fast alle Fragen zu diesem ungewöhnlichen Fall bleiben jedoch ungeklärt.

Der Vorhang zu und alle, fast alle Fragen offen. Diese von Marcel Reich-Ranicki populär gemachte Wendung Bert Brechts trifft nun wirklich zu: nach dem schnellen Ende des Steuerhinterziehungsprozesses gegen Uli Hoeneß. Denn es bleiben jede Menge Rätsel.

Erst springen die vor Gericht zu verhandelnden Geldsummen von Tag zu Tag ins Fantastische, dann weiß man nicht mehr, was die Staatsanwaltschaft über den Gegenstand ihrer Anklage und was die Verteidiger überhaupt von ihrem eigenen Mandanten wissen, es wachsen nach einem Jahr Ermittlungen wie über Nacht riesige Datenberge auf. Der Angeklagte bekennt, die eigenen Geschäfte nicht mehr durchblickt zu haben, gilt aber, obwohl über Jahre spiel- und spekulationssüchtig, als unbefragt zurechnungs- und schuldfähig – weil er ansonsten doch Deutschlands erfolgreichster Fußballmanager war. Die Geldflüsse in die Schweiz, die Rolle (und wohl Mitverantwortung) der beteiligten Bank, die Rolle des FC Bayern und die Frage, ob dessen Protagonist in seinem Umfeld keinerlei Mitwisser hatte, bleiben im Dunkeln. In die Seele von Uli Hoeneß hat ohnehin keiner von außen geschaut. Da wurde manch Anderer vor Gericht (oder von den Medien) schon viel mehr entblößt. Man denke an Christian Wulff oder Jörg Kachelmann.

Jeder Mensch ist ein Abgrund, hat Georg Büchner geschrieben. Das Münchner Landgericht hat die Aufklärung am untersten Limit gehalten und in ungewöhnlicher Eile nur nach dem unstrittigen Grund – der eingestandenen Steuerhinterziehung in nicht genau bezifferbarer Millionenhöhe –, nicht dem Abgrund nach geurteilt. Das Urteil wirkt so juristisch vertretbar und im Strafmaß, dreieinhalb Jahre Gefängnis, gerecht. Ohne Malus oder Bonus für die Prominenz des Täters. Vermutlich wird das auch die Staatsanwaltschaft akzeptieren.

Respekt von der Kanzlerin für Hoeneß Entscheidung

Auf weitere Rechtsmittel verzichtet hat bereits Uli Hoeneß. Zu Schuld und Strafe zu stehen, ist ein kluger und war ein erwartbarer Schritt. Nur so kann Hoeneß seine Ehre und Würde zurückgewinnen, er hat sich, nach dem Sturz, schon wieder kräftig erhoben. Auch das geht sehr schnell. Und ein bisschen zu beflissen hat dem selbst die Bundeskanzlerin „Respekt“ gezollt. Dass Politiker gegenüber verurteilten Straftätern Komplimente verteilen, ist ja ungewöhnlich.

So ungewöhnlich wie der ganze Fall. Das liegt an der Person – und in der Sache. Geheime Millionenspiele stoßen ab und faszinieren zugleich. Diskutiert wird auch, ob unsere Gerichte härter oder milder urteilen, wenn Geld fließt statt Blut. Mancher wundert sich, dass etwa jugendliche Totschläger oft weniger streng bestraft werden als der alte Steuersünder. Andererseits verliert eine Kassiererin wegen ein paar unterschlagenen Getränkebons ihre Existenz, während Millionenbetrüger...? Und was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank, hat der schlaue Brecht schon lange vor der Finanzkrise gefragt.

Fragen dürfen sich jetzt auch ein paar mit dem FC Hoeneß eng verbundene Dax-Konzerne: Wo statt der Compliance-Regeln für sauberes Wirtschaften die Komplizenschaft herrscht(e). Und die Politik müsste für Banken und Bürger einheitliche Transparenz-Gesetze und Steuersätze zumindest in Europa schaffen. Sonst wird es weiter Datenklau und fragwürdige Selbstanzeigen geben. Also ein System, das nur ins Dunkel ruft: Es werde Zwielicht!

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