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Vermietet: Was bringt die Bremse?

© dpa

Union und SPD wollen Mietpreisbremse: Doch nur eine verlangsamte Verteuerung

Union und SPD wollen Mieter vor Kostensteigerungen schützen. Doch die Mietpreisbremse klingt besser als sie ist. Wie wirkungslos die Ideen der Koalitionäre sein können, zeigt ein Lehrstück aus Prenzlauer Berg.

Von Antje Sirleschtov

Mietpreisbremse klingt gut! Irgendwie nach Gerechtigkeit und der starken Hand eines Sozialstaates, der sich schützend vor die Schwächsten stellt, wenn ihnen Miethaie auf der Spur sind. Weniger Mieterhöhung für Bestandsmieter, Knebelung bei Neuvermietung und vor allem: Schluss mit den horrend hohen Maklerprovisionen.

Doch schon beim ersten Blick ins Internet fragt man sich, ob der großen Koalition mit diesem Beschluss ein großer Wurf gelungen ist. Zugegeben, das Beispiel ist auch für die begehrten Innenstadtlagen, um die es bei der Mietpreisbremse geht, nicht repräsentativ. Aber es zeigt, wie wirkungslos vollmundige politische Versprechen sein können. Beinahe auf den Tag genau vor zwanzig Jahren versprach der Berliner Senat den Bewohnern am Prenzlberger Kollwitzplatz, sie vor Luxussanierung und Vertreibung mit einem förmlichen „Sanierungsgebiet“ zu schützen. Schöner sollte alles werden und grüner und natürlich zu bezahlbaren Mieten. 2009 wurde das Sanierungsziel erreicht, der Senat hatte Millionenbeträge in Förderprojekte gesteckt. Herausgekommen ist ein Wohngebiet der „Superlofts“. Wer hier Eigentumswohnungen kaufen will, muss mindestens 5000 Euro zahlen – pro Quadratmeter. Und mieten geht längst nicht mehr unter 13 Euro kalt – Tendenz stark steigend. An einer Hand kann man die Häuser des Kiezes abzählen, in denen sich Genossenschaften und Mietervereine mit ihre Sozialmieten gegen die aufgerufenen Luxuspreise ihrer Nachbarschaft abgrenzen.

Der Staat befördert den Wandel von Miets- zu Eigentumswohnungen

Und ganz offiziell? Zwischen fünf und neun Euro Kaltmiete weist der aktuelle Mietspiegel für Altbauwohnungen in dieser Lage aus. Soll mal einer versuchen, im Kiez für diesen Preis eine Wohnung zu finden! Wer dort wohnt, hat geerbt oder verdient gutes Geld. Der Senat von Berlin möchte an seine frühen sozialen Ziele nicht mehr erinnert werden. Der Kollwitzplatz wurde zum Vorzeigebeispiel für misslungene Wohnungsbaupolitik.

Ein großkoalitionärer Deckel auf die Möglichkeiten für Vermieter, die Kaltmieten anzuheben, ist natürlich kein Schaden für die Mieter. Allein: Es wird die Verdrängung von sozial schwachen Familien aus den Innenstadtgebieten nicht verhindern – allenfalls verzögern. Auch die Senkung der Mietumlagen bei Energie-Sanierungen von elf auf zehn Prozent ist eher lächerlich. Tausendfach wird schon jetzt der „11-Prozent-Deckel“ jeden Tag umgangen. Vermieter teilen die Objekte in Eigentumswohnungen auf und drücken den von der Sanierung überraschten Mietern ein paar Tausender in die Hand, damit sie sich eine neue Wohnung suchen. So einfach ist das und sehr, sehr profitabel.

Womöglich ist das Koalitionsprogramm am Ende sogar gefährlich für die Mieter. Denn eines ist klar: Ein Staat, der die Vermieter zu immer mehr und immer teureren Energiesanierungen zwingt und ihnen gleichzeitig die Möglichkeiten nimmt, ihre Investitionen über Mietsteigerungen zu refinanzieren, unterstützt das Aufteilen von Mietwohnungshäusern in teure Eigentumswohnungsanlagen. Denn in diesem Markt gibt es viel zu verdienen, solange zahlungskräftige Wohnungssuchende in die begehrten Innenstädte drängen.

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