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Meinung: US-Außenpolitik: Alles bleibt anders

Amerikas Außenpolitik gehorcht dem Prinzip der Kontinuität. Das ärgert die Wähler in den USA und beruhigt die Europäer.

Amerikas Außenpolitik gehorcht dem Prinzip der Kontinuität. Das ärgert die Wähler in den USA und beruhigt die Europäer. Denn die haben im Wahlkampf Töne vernommen, die auf Kurswechsel hinwiesen. Nun scheint Colin Powell, der künftige US-Außenminister, mit der Tradition zu brechen und nach der Wahl zu sagen, was sonst vorher gesagt wird, weil es bei Wahlen gut ankommt.

Ein härterer Umgang mit Peking, die Raketenabwehr NMD und ein Rückzug der US-Truppen aus fragwürdigen Friedensmissionen sind drei der strittigen Leitlinien. Powell will graduell verschieben, mehr wird er nicht können. Bislang hat noch jede neue US-Regierung das Beharrungsvermögen der Washingtoner Außenpolitik-Elite unterschätzt. Clinton hatte einst dem älteren Bush vorgeworfen, mit Diktatoren zu kuscheln, und nun hat der jüngere Bush Al Gore bezichtigt, gegenüber den Menschenrechtsverletzern in Peking kein Rückgrat zu haben. So ist das eben. In der Praxis heißt das Leitwort wieder Kontinuität.

Kontinuität plus Rückwärtsgang, um genau zu sein. Denn das Personal, mit dem sich Bush umgibt, ist vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik komplett dem Stab des Vaters entliehen. Powell, Condoleezza Rice als Sicherheitsberaterin und Dick Cheney im Spagat zwischen Vizepräsident, De-facto-Premierminister und Senats-Vorsitzendem - das unterstreicht Kompetenz und besänftigt die Nato-Verbündeten, das verspricht aber nicht gerade Zukunftsorientierung.

Clinton hat einen Stil geprägt, der als "Inkrementalismus" bekannt wurde. In der Außenpolitik war er meist reaktiv. Von Feindbildern nahm er Abstand. Bush geht von einem Weltbild aus, in dem die Rollen etwas schlichter verteilt sind. Peking ist für ihn böser, weil Taiwan bedroht wird und weil in China die Menschenrechte, vor allem die religiösen, nicht nach westlichen Begriffen gelten. Was Moskau angeht, fehlt Bush selbst jeder Begriff. Sein Umfeld kennt jedes Detail jeder Abrüstungsrunde, von einer Gesellschaft mitten in einem dramatischen Umbruch hat es weniger Ahnung.

Amerikas Daueranspruch, welt-außenpolitisch die Leitkultur zu sein, hat hier zu Lande vor allem in zwei Bereichen für Unruhe gesorgt. Kehren die Amis auf dem Balkan ihren Partnern den Rücken zu, und verlangen sie gegenüber dem Irak eine Neuauflage jener Sanktionspolitik, die man in Europa als gescheitert betrachtet? Dass der angebliche Kosovo- und Bosnien-Rückzug längst nicht so heiß gegessen wird, wie er im Wahlkampf serviert wurde, hat Rice bereits deutlich gemacht. Eine Arbeitsteilung nach dem Ausschlussprinzip - die Europäer haben den Balkan am Hals, die USA kümmern sich um den Rest der Welt - funktioniert nicht. Alle Beteiligten wissen es, sie werden sich auch daran halten. Was nicht bedeutet, dass Bush mit dem Argument des "burden sharing" nicht mehr Einsatz verlangen wird.

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