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© dpa

US-Präsident: Obama ist eher Westerwelle als Lafontaine

Während des Präsidentschaftswahlkampfes wurde Barack Obama von der Rechten regelmäßig als Verräter bezeichnet. Doch inzwischen ist klar: Der neue Präsident wird die USA nicht nach links führen.

Barack Obama wird noch immer ein Verräter genannt. Aber inzwischen kommt der Vorwurf von einer anderen Seite, der Linken, die plötzlich rot sieht. Sie stellt sich in den Worten des Magazins „Nation“ die Frage: „War es alles ein Trick?“ Obamas zukünftiges Kabinett, von Hillary Clinton als Außenministerin zu Verteidigungsminister Robert Gates, den er von seinem Vorgänger George W. Bush übernimmt, lässt die Linke konsterniert zurück. Sie hält Obama nun für ein trojanisches Pferd, und die Rechte, die einen sofortigen Rückzug aus dem Irak und Steuererhöhungen erwartet hatte, jubiliert. Plötzlich ist klar, dass weder das eine noch das andere geschehen wird.

Obamas erste Entscheidungen legen nahe, dass er ein vorsichtiger Mensch ist. Er klang ein wenig wie Konrad Adenauer, als er sagte, dass Amerika während einer ökonomischen Krise keine Experimente braucht. In anderen Worten: Bush mag ein radikaler Präsident gewesen sein, Obama könnte sich leicht als konservativster Präsident der USA seit Ronald Reagan herausstellen. Das ist der wahre Wandel, für den Obama steht.

Nehmen wir die Wirtschaft: Obama hat deutlich gemacht, dass er die Steuersenkungen von Bush nicht rückgängig machen wird, weil er das Wirtschaftswachstum nicht bremsen will. In Deutschland stünde er Guido Westerwelle näher als Oskar Lafontaine. Obama weiß, dass man eine erschlaffte Wirtschaft nicht durch Klassenkampf in Gang bringt. Gleichzeitig sagt er, dass er das Haushaltsdefizit bekämpfen will, indem er überflüssige Ausgaben streicht. Wie Reagan verspricht Obama, sich jeden einzelnen Haushaltsposten vorzunehmen. Das ist ein Vorhaben, das bei weitem nicht zur Orthodoxie der Demokratischen Partei gehört. Bush dagegen hat nie ein Veto gegen Ausgabenpläne eingelegt.

Und da ist zum anderen die Außenpolitik: Schon jetzt bekommt Obama Komplimente von Neokonservativen und liberalen Falken, die außer sich vor Freude sind, dass der ehemalige Marinegeneral James Jones, eine enger Freund von John McCain, Nationaler Sicherheitsberater und Hillary Clinton Außenministerin werden sollen. Schließlich war Hillary eine Unterstützerin des Irakkriegs und setzte sich für einen Beschluss des Kongresses ein, der die iranischen Revolutionären Wachen zur Terrororganisation erklärt. Es kann gut sein, dass die neokonservative Ideologie in der Obama-Regierung weiterleben wird. McCains Berater Max Boot, schreibt: „Als jemand, der skeptisch gegenüber der moderaten Haltung Obamas während des Wahlkampfes war, muss ich nun zugeben, dass ich angesichts dieser Berufungen baff bin, die meisten hätten auch gut von einem Präsidenten McCain kommen können.“ Und Über-Neokon William Kristol vom „The Weekly Standard“ hat bereits zwei längere Artikel veröffentlicht, in denen er Hillary Clinton preist: „Hail Clinton“ und „The Great Right Hope“.

Dass sich Clinton wirklich als echte Neokonservative erweist, ist zu bezweifeln. Aber sie ist davon überzeugt, dass die USA – in den Worten ihrer Freundin und ehemaligen Außenministerin Madeline Albright – die „unentbehrliche Nation“ sind. Einer ihrer wichtigsten Aufträge aus Sicht von Obama ist es, Frieden im Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern zu schaffen, und gleichzeitig eine harte Linie gegenüber dem Iran aufrechtzuerhalten. Und auch wenn sie keine Neokonservative ist, Hillary wird alles andere als ein Weichei sein, wo auch immer sie sich präsentieren muss. Sie ist mehr Merkel als Steinmeier.

Schaut man sich diese ersten Ernennungen an, ist es eindeutig, dass Obamas Regierung eine der Mitte sein wird. Und was bei seiner Auswahl an Mitarbeitern auch deutlich zutage tritt, ist der kühle Pragmatismus, der schon während des langen Wahlkampfes zu erkennen war. Obamas Stärke manifestiert sich in dem, was er nicht getan hat: Er hat sich für Kompetenz entschieden, und nicht für Ideologie.

Das führt vielleicht bei der alten, unreformierten Linken zu Verratsrufen. Aber nach acht Jahren eines Draufgängertums à la Bush, ist Obamas Besonnenheit genau die Art von mutigem Wandel, den Amerika braucht. Barack Obama weiß, dass er die Vereinigten Staaten nicht nach links führen muss – sondern nach vorn.

Der Autor ist Senior Editor bei „The National Interest“.

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