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US-Präsidentschaftswahlkampf: Das kleinere Übel

Der Vorwahlkampf hat Mitt Romney beschädigt und die Republikaner entzweit. Doch nun werden sie sich hinter ihrem Präsidentschaftskandidaten einen. Die Wahl wird knapp.

Glaube und Durchhaltevermögen können mitunter Berge versetzen. Auf Dauer können sie die Gesetze der Schwerkraft und der Mathematik aber nicht aushebeln. Hillary Clinton erfuhr das 2008. Freilich gelang es ihr damals bis in den Juni hinein, den Glauben an sie wachzuhalten, obwohl sie den Kampf um die Präsidentschaftskandidatur rechnerisch bereits im März gegen Barack Obama verloren hatte.

2012 sind die Republikaner in einer ähnlichen Lage. Mitt Romney ist die Nominierung nicht mehr zu nehmen. Sein innerparteilicher Verfolger Rick Santorum wird das aber nicht zugeben, sondern im Rennen bleiben – in der Hoffnung, dass ein unvorhersehbares Ereignis den Berg, der seinem Ehrgeiz im Wege steht, versetzt. Wenn nicht, betrachtet er die Kampagne 2012 als Probelauf für 2016, in der Erwartung, dass Romney im Herbst gegen Obama verliert. Das eröffnet ihm die Chance, es in vier Jahren erneut zu versuchen.

Stehen Romneys Chancen wirklich so schlecht? Die USA erleben ein paradoxes Wahljahr. Vom typischen Optimismus ist wenig zu spüren. Die Bürger sind enttäuscht und zornig. Das trifft vor allem den Präsidenten. Ginge es allein danach, wie sie Obamas Bilanz bewerten, würde er nicht wiedergewählt. 60 Prozent meinen, das Land sei unter ihm auf dem falschen Kurs.

Zum Machtwechsel kommt es jedoch nur, wenn die Mehrheit eine Alternative sieht, der sie mehr vertraut. Sonst wählt sie den Amtsinhaber, als „kleineres Übel“. Derzeit liegt Obama in Umfragen mit 47,6 zu 43,6 Prozent vor Romney. Er ist angeschlagen, aber Romney weckt auch keine Begeisterung.

Die Dynamik wird sich ändern, sobald der Herausforderer nominiert ist. Noch überschattet der harte innerparteiliche Kampf das Bild der Republikaner. Früher oder später werden sie sich hinter Romney vereinen. Wichtiger als die Frage, ob er der beste Kandidat sei, ist für die Konservativen der Wunsch, eine zweite Amtszeit Obamas zu verhindern.

Auch bei den Demokraten ging 2008 die Furcht um, das lange, harte Ringen zwischen Clinton und Obama belaste seine Chancen in der Hauptwahl. Es kam anders. Er wurde ein besserer Kandidat und lernte, Angriffe abzuwehren.

Für die Republikaner wird der Übergang schwerer. Sie haben sich, erstens, persönlich verleumdet und gegenseitig die Ehre abgesprochen. Im Werben um die konservative Basis haben sie sich, zweitens, immer weiter nach rechts getrieben. Die Hauptwahl wird in der Mitte entschieden. Wie will Romney seine Aussagen aus den Vorwahlen so modifizieren, dass er die Wähler der Mitte gewinnt? Republikaner haben, zum Beispiel, nicht nur das Abtreibungsrecht, sondern auch Verhütungsmittel infrage gestellt und so viele Frauen zu den Demokraten getrieben.

Gewiss ist Romney ein gefährlicherer Gegner für Obama als Santorum, eben weil er als moderater Pragmatiker gilt. Es wird eine knappe Wahl, einen klaren Favoriten gibt es nicht. Doch Romney muss ein Mittel finden, wie er die Dynamik verändert. Sonst bleibt Obama im Weißen Haus.

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