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Meinung: US-Wahl: Zwei werden verlieren Selbst wenn Bush Florida behält

Fürs Erste hat die Präsidentenwahl in den USA zwei Sieger: einen vorläufigen numerischen (nach Wahlmännerstimmen) und einen moralischen. Es hilft George Bush wenig, dass auch Al Gores jüngster Vorschlag vom Interesse diktiert wird.

Fürs Erste hat die Präsidentenwahl in den USA zwei Sieger: einen vorläufigen numerischen (nach Wahlmännerstimmen) und einen moralischen. Es hilft George Bush wenig, dass auch Al Gores jüngster Vorschlag vom Interesse diktiert wird. Wenn Gore sagt: Lass uns doch abwarten, bis alle Stimmen in Florida per Hand nachgezählt sind, ich werde das Ergebnis akzeptieren - dann klingt das nach Fairness, Gerechtigkeit und Souveränität. Dahinter tritt zurück, dass dies Gores einzige Chance ist, doch noch Clintons Nachfolger zu werden.

Bush steht da als ein Egoist und Nein-Sager. Katherine Harris, Innenministerin und oberste Wahlaufsicht in Florida, verweigert die Annahme weiterer überprüfter Auszählungen. Sie gilt als parteiisch, hat Wahlkampf für Bush geführt und darf sich einen Karrieresprung erhoffen, wenn er Präsident wird. Auch das von Gore angebotene Gespräch unter vier Augen lehnt Bush ab.

So hatte Amerika es mehrheitlich erwartet, befürchtet: Gore, der nach absoluten Stimmen US-weit eigentlich gewonnen hat, nur nach Wahlmännern nicht, ist ein guter Verlierer; Bush ein schlechter. Gore wünscht den Dialog, will die Gräben überbrücken, Bush denkt nur an sich.

Tatsächlich denkt auch Gore an sich, aber ihm gelingt es, sein Interesse als Gemeinwohl darzustellen. Was ist denn dagegen einzuwenden, in Florida weiterzählen zu lassen - wenigstens solange man sowieso auf die Briefwahlergebnisse warten muss? Das ist doch nur gerecht und kostet keine zusätzliche Zeit.

Bushs Frontfrau Katherine Harris ist in einer Zwickmühle. Sie nimmt seit Mittwoch Abend keine korrigierten Ergebnisse aus den Wahlkreisen mehr an. Da war Bushs Vorsprung auf 300 Stimmen geschmolzen. Gezählt wird jedoch weiter - und am Ende wird jeder sehen können, ob dadurch das Gesamtergebnis für Florida kippt. Gewiss, irgendwann muss Schluss sein: mit dem Nachzählen, mit dem Anfechten vor Gericht. Irgendwann muss Politik gemacht werden, brauchen die USA einen Präsidenten, der nicht nur auf Vorbehalt regiert. Aber eine deadline fürs Nachzählen am Mittwoch, obwohl das Gesamtergebnis erst am Freitag feststeht, nach Einbeziehung der Briefwähler - das könnte dazu führen, dass Bush den schweren Job im Weißen Haus als politischer Verlierer antreten muss.

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