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Meinung: US-Wirtschaft: Konjunkturprogramm als Psychopille

Die Folgen des Terrors in den USA haben die amerikanische Wirtschaft offenbar doch stärker getroffen, als Analysten und Aktienhändler es bis gestern erwartet haben. Die Konsumenten, bisher die Stütze der US-Konjunktur, sind im September zu Hause geblieben, statt einkaufen zu gehen.

Die Folgen des Terrors in den USA haben die amerikanische Wirtschaft offenbar doch stärker getroffen, als Analysten und Aktienhändler es bis gestern erwartet haben. Die Konsumenten, bisher die Stütze der US-Konjunktur, sind im September zu Hause geblieben, statt einkaufen zu gehen. Um 2,4 Prozent ist der Einzelhandel im September eingebrochen, besonders stark getroffen ist die Automobilkonjunktur. Dagegen ist allerdings das Verbrauchervertrauen, das die Erwartungen der Verbraucher an die Zukunft misst, deutlich besser ausgefallen als erwartet.

Die widersprüchlichen Daten zeigen, wie stark die Unsicherheit über die aktuelle Situation der Wirtschaft ist. Die Frage, ob und wann es zu neuen Anschlägen kommt, beherrscht nicht nur die Politik, sondern auch das Verbraucherverhalten und die Börsenstimmung in den USA. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Ölpreises kommt noch dazu - weil niemand weiß, ob der Krieg in Afghanistan länger dauert oder sich gar auf andere Länder ausweitet. Doch die Zahlen zeigen auch, dass der konjunkturpolitische Kraftakt der Regierung Bush zumindest bei den Verbrauchern den Eindruck hinterlassen hat, dass das Schlimmste erst einmal vorüber ist und dass das massive Konjunkturpaket und die deutlichen Zinssenkungen wirken werden.

Klar ist jedoch auch, dass es mit der Erholung der US-Konjunktur und der Weltkonjunktur voraussichtlich länger dauern wird als erwartet. Schon für den September hatten die Experten zumindest auf eine Stabilisierung der Handelsumsätze gehofft. Doch die Anschläge haben die Aussichten auf eine Wende verzögert. Statt auf eine deutliche Erholung der Wirtschaft im vierten Quartal zu setzen, haben die Wirtschaftsforscher in den USA und Europa das laufende Jahr inzwischen so gut wie abgeschrieben. Zwar hat der Chef der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, in der vergangenen Woche orakelt, dass der Wendepunkt für die Weltwirtschaft nicht fern sei. Und der Internationale Währungsfonds hat gestern erklärt, man werde voraussichtlich die Wachstumsprognosen nicht noch einmal zurücknehmen müssen. Doch dahinter steckt nichts anderes als eine einzige Hoffnung: Dass die Konjunkturpakete und Zinssenkungen in den USA schnell auch die europäische und die Weltwirtschaft nach oben ziehen.

Bis dahin wollen Europas Wirtschafts- und Finanzpolitiker erst einmal abwarten. Sie hoffen, dass sie sich noch nicht auf die mit einem Konjunturprogramm verbundenen Risiken einlassen müssen. Nur, wenn die Wirtschaft bis zum Ende des Jahres nicht anziehe, werde man in Europa noch einmal über Konjunkturmaßnahmen reden, hat der Bundeskanzler gestern gesagt. Das könnte zu spät sein. Denn das Aussetzen der nächsten Ökosteuerstufe oder das Vorziehen der Steuerreform würde nur jetzt eine wirkliche Symbolwirkung entfalten. Wenn erst einmal klar ist, dass nach den USA auch Europa in die Rezession rutscht, ist es für solche Überlegungen zu spät.

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