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US-Präsident Barack Obama.

© AFP

USA-Wahlen: Die gespaltenen Staaten von Amerika

Die Parteitage mit ihren Politshows sind vorbei - hochprofessionell und kurzweilig waren sie. Aber eines sind sie ganz und gar nicht: Aufklärerisch. Denn die Shows sind auch viel Blendwerk. Die Fronten zwischen Demokraten und Republikanern aber sind so unversöhnlich wie zuvor – die Polarisierung hat sich weiter verstärkt.

Was für ein Hochamt der Demokratie! Zwei Wochen lang hat Amerika zelebriert, was der Inbegriff einer Wahl ist: eine Alternative zu haben. Erst haben die Republikaner auf ihrem Parteitag für ihre Vorstellung von der Zukunft geworben, dann die Demokraten. Beide präsentierten hochprofessionelle und kurzweilige Shows mit großen Gefühlen, Verführung und Unterhaltung. Deutsche Parteitage wirken im Vergleich dröge.

Gewiss, aufklärerisch sind Parteitage in den USA nicht, jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Man kann das Gebotene als Blendwerk abtun: Ideologie, Propaganda, Verdrehungen, Lügen. Es sind ziemlich einseitige Werbeforen, Informationen über Risiken und Nebenwirkungen liefern die Veranstalter nicht mit. Aber dafür gibt es ja die Gegenseite. Und die Medien. Sie überprüfen, analysieren, liefern Gegenargumente. Oder auch nur die Gegenpropaganda. Das schärft jedenfalls den Blick für die Fronten.

Video: Obamas Rede auf dem Demokraten-Parteitag

Unter dem Strich bleibt, Amerika hat die Wahl. Republikaner und Demokraten bieten völlig unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe an. Die USA durchzieht ein tiefer Riss. Für die Rechten ist der Staat von Übel. Alles Heil sehen sie in der Privatinitiative. Sie wollen die Steuern senken, staatliche Sozialausgaben auf ein Minimum zurückfahren. Das ist nicht unbedingt ein Ausweis von Herzlosigkeit. Auch rechte Staatsverächter fordern Solidarität mit den Bedürftigen. Sie soll jedoch durch private Zuwendungen erfolgen, von Mensch zu Mensch oder über Kirchen, Vereine und Bürgerinitiativen – nur bitte nicht ein Staat, der umverteilt.

Ein außergewöhnliches Wahljahr

Staatliche Fürsorge ist für Konservative Freiheitsberaubung, weil sie den Empfängern den natürlichen Drang zu Eigeninitiative und Selbsthilfe nimmt und sie abhängig von der Bürokratie macht. Typisch dafür war die Hauptangriffslinie der Republikaner gegen Präsident Barack Obama. Der hatte kürzlich betont, ein Privatunternehmer dürfe sich nicht rühmen, seine Firma allein aufgebaut zu haben. Er habe auch von staatlichen Leistungen profitiert: Bildung, Infrastruktur – und, nicht zu vergessen, vom Fleiß der Angestellten: „You didn’t build that.“ Die Republikaner zitieren Obama voll Zorn – und setzten den Slogan dagegen: „You did build that!“

Fotostrecke: Obama vs. Romney im US-Wahlkampf

Europäer haben mehr Verständnis für die Demokraten. Deren Entwurf liegt näher am Sozialstaatsmodell der Alten Welt. Deckungsgleich ist er aber nicht. Obama sagte in seiner Rede, der Staat solle nur Menschen helfen, die zuvor Bereitschaft zur Selbsthilfe zeigen.

Was haben die beiden Großveranstaltungen bewegt? Haben sie Wechselwähler zum Umdenken animiert? Nein, nach ersten Umfragen zu urteilen, war das diesmal nicht der Fall. Seit Monaten herrscht ein statistisches Patt zwischen Obama und Herausforderer Mitt Romney. 2012 ist ein außergewöhnliches Wahljahr. Die Polarisierung hat sich verstärkt. Es gibt kaum Bürger, die zur Wahl gehen wollen, sich aber noch nicht für einen Kandidaten entschieden haben. Und die große Gruppe der Nichtwähler – mehr als 40 Prozent – lässt sich durch Parteitage nicht dazu bewegen, ihr Stimmrecht zu nutzen. Doch selbst in diesem Ausnahmejahr haben die aufwendigen Shows ihre Berechtigung. Sie mobilisieren die eigene Basis, schärfen den Sinn dafür, dass Amerika vor einer Schicksalswahl steht. Wann konnte man das – ohne zu übertreiben – zuletzt in Deutschland sagen?

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