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Meinung: Vadim Tudor: Der Rest ist Entsetzen

Es ist in Mittel- und Osteuropa zur traurigen Regel geworden: Die moralischen Sieger der Wende gehören im politischen Alltag bald wieder zu den Verlierern. Die Erwartungen der Bürger auf eine rasche Besserung vor allem der wirtschaftlichen Lage sind zu groß, als dass die Dissidenten aus der Zeit vor 1989 und ihre meist ziemlich unprofessionellen Parteien sie erfüllen könnten.

Es ist in Mittel- und Osteuropa zur traurigen Regel geworden: Die moralischen Sieger der Wende gehören im politischen Alltag bald wieder zu den Verlierern. Die Erwartungen der Bürger auf eine rasche Besserung vor allem der wirtschaftlichen Lage sind zu groß, als dass die Dissidenten aus der Zeit vor 1989 und ihre meist ziemlich unprofessionellen Parteien sie erfüllen könnten. Kein Wunder, dass auch in Rumänien die erste bürgerliche Regierung nach vier Jahren wieder abtreten muss.

Das ist aber auch das einzig Normale dieser Wahl. Der Rest ist - Entsetzen. Zum ersten Mal ist eine aggressiv chauvinistische Partei zur zweitstärksten Kraft in einem früheren Ostblockland geworden. Wenn schon der Aufschwung auf sich warten lässt, dann müssen nationale Machtfantasien als Ersatz herhalten, siehe Serbien unter Slobodan Milosevic. Tudor wird zwar - hoffentlich - die Stichwahl um das Präsidentenamt verlieren. Und Ion Iliescu sein Versprechen wahrmachen, keine Koalition mit der Großrumänien-Partei einzugehen. Aber diese Chauvinisten werden als dominierende Opposition das gesellschaftliche Klima vergiften und die Fortschritte etwa im Verhältnis zur ungarischen Minderheit wieder zunichte machen.

So wird der Alt-Sozialist Iliescu zum Hoffnungsträger, wenn auch nur als kleineres Übel. Ausgerechnet Iliescu, der von 1989 bis 1996 die nötigen Wirtschaftsreformen gebremst und wenig gegen das Vordringen alter Securitate-Seilschaften in entscheidende Wirtschaftspositionen unternommen hatte.

Die abgewählte bürgerliche Koalition trägt die Hauptschuld an dieser Entwicklung. Sie war den Großteil der Legislaturperiode über zerstritten, verschliss drei Ministerpräsidenten - und als sie im parteilosen Premier Mugur Isarescu einen aussichtsreichen Präsidentenkandidaten hatte, torpedierten mehrere Koalitionäre dessen Chancen, indem sie eigene Kandidaten aufstellten. Kabale statt Disziplin. Kaum weniger traurig die Entwicklung bei Iliescus Sozialisten. In anderen Staaten wurde die Oppositionszeit genutzt, um eine junge, reformorientierte neue Führung aufzubauen.

Eine überalterte, rückwärts gewandte Führung, eine aggressiv-nationalistische Opposition und die politische Marginalisierung des bürgerlichen Lagers - Rumänien hat längere Umwege auf seinem Weg nach Europa vor sich.

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