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Meinung: Verbal-Schlammschlacht: Schlecht gebrüllt, Löwe

Ist das jetzt ein neuer Trend? Dass Politiker Politiker beschimpfen, gehört ja zum Gewerbe.

Von Robert Birnbaum

Ist das jetzt ein neuer Trend? Dass Politiker Politiker beschimpfen, gehört ja zum Gewerbe. Die intelligente Beschimpfung, womöglich mit Witz gemischt, ziert den guten Redner. Nur fehlte es dem, was wir in den letzten Tagen so zu hören kriegen, an jedweder Intelligenz, vom Witz zu schweigen. Der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin schimpft den CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer einen "Skinhead". Die Union hat noch nicht aufgehört, sich darüber aufzuregen, da unterstellt der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber der grünen Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast eine Nähe zur "Reichsnährstandsideologie". Woraufhin sich zur Abwechslung die Grünen aufregen.

Man kann dies alles unter dem Aspekt der politischen Moral betrachten, und dann ist es verheerend. Wer den politischen Gegner nicht mehr als jemanden wahrnimmt, der andere Ideen vom Zusammenleben der Menschen und von der Lösung konkreter Probleme hat als man selbst, sondern als pathologischen Outlaw, der lässt den Parteienwettstreit zum geistigen Bürgerkrieg degenerieren.

Man kann die Ausfälle und die Reaktionen auf sie aber auch nüchtern als das betrachten, was sie vor allem sind - ein Zeichen von Schwäche. Wer so laut brüllt, muss ja wohl glauben, dass sonst keiner auf ihn hört.

Um beim jüngsten Fall zu bleiben: Stoiber hat ein Problem mit den Bauern, also der treuesten CSU-Wählerschaft. Noch als andernorts längst der Rinderwahnsinn aufgetreten war, verbreitete die Landesregierung in München das Märchen, Bayerns Rinder seien ganz und gar BSE-resistent. Jetzt zappelt der Ober-Bayer und muss wütend mit ansehen, dass obendrein die neue Agrarfrau Künast auch in Bayerns Bauernkreisen keineswegs als jenes Schreckgespenst gilt, als dass sie Stoibers Mannen gerne hinstellen würden.

Im Fall Trittin hat sich die Union entschlossen, die ganz große Empörung zu inszenieren. Das ist legitim für eine Opposition. Die Frage ist nur, wie weit man das Spiel klugerweise treiben sollte. So makellos sauber ist das Konto "Politischer Stil" der Union ja nun auch nicht, dass sie sich als Wahrerin des Anstands auf ein hohes Podest stellen kann.

Auf den groben Klotz "Skinhead" den groben Keil "Rücktritt" setzen - das ist in Ordnung. Nun hat sich Trittin aber entschuldigt. Man kann den Stil dieser Entschuldigung schlecht finden. Man kann die Umstände skandalös nennen. Aber die Entschuldigung nicht zu akzeptieren mit der Begründung, sie sei ja gar nicht ernst gemeint, ist hoch problematisch. Es unterstellt nämlich, dass der Bürgerkrieg wahrhaftig ernst gemeint ist.

Wenn das so wäre, dürfte Trittin in der Tat nicht Minister bleiben. Dann dürfte allerdings auch Stoiber nicht Ministerpräsident bleiben. Und Kanzlerkandidatenkandidat sein auch nicht. Vielleicht ganz gut, dass so kurz hintereinander diese beiden sich den Mund verbrannt haben. Es böte Gelegenheit zur gegenseitigen Abrüstung. Leute - macht halblang!

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