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Ein Durchbruch? Der syrische Vizepremier hat den Rücktritt Assads als verhandelbar bezeichnet. Dieser Rebellenkämpfer bricht zunächst nur in den nächsten Raum durch - auf der Suche nach Überlebenden in einem in Teilen zerstörten Haus.

© dapd

Verhandlungen in Syrien: Der Weg zum Durchbruch führt über Moskau

Ein Rücktritt Assads sei verhandelbar, hat der syrische Vizepremier in Moskau gesagt. Ort und Zeit sind kein Zufall. Putin kann Erfolg international gerade gut gebrauchen, Russland, das sich selbst für eine Supermacht hält, auch.

Es könnte – wohlgemerkt: es könnte – der Beginn der Wende in Syrien sein. Der Vizepremier Kadri Dschamil sagt in Moskau, dass über einen Rücktritt des Staatschefs, vulgo Diktators, Baschar al Assad verhandelt werden könne. Das Signal steht, es ist unübersehbar. Denn Zeitpunkt und Ort, zu dem es gegeben wurde, kommen verstärkend hinzu.

Der Ort: Moskau, wo die stärksten Verbündeten des syrischen Regime sitzen. Assad konnte sich auf eines bisher immer verlassen, dass nämlich dort versucht wird, ihm den Hals zu retten und Zeit zu verschaffen. Auch weil die Unwägbarkeiten danach, also die Frage, wer und was aus dem Rebellenlager folgt, sehr, sehr groß sind. Weitere Massaker sind nicht ausgeschlossen, mehr noch, wahrscheinlich, wenn erst die Sunniten an die Macht kämen. Alawiten und Schiiten stehen unterstützt vom Iran auf der anderen Seiten, und man kann sich vorstellen, was dann passiert. Diese Warnzeichen hat es ja auch schon gegeben: dass womöglich alles noch schlimmer kommen könnte.

Der Zeitpunkt: Wer jetzt bei den Verbündeten auftritt und Assads Verbleib an der Macht für verhandelbar erklärt, der öffnet die Tür zu einer Lösung, mindestens einen Spalt. Der Vizepremier ist hinreichend autorisiert, um so zu reden, und (im Vergleich) ausreichend wenig kontaminiert, um den Übergang einzuleiten. Und einer muss es tun, wenn die Situation nicht so bleiben soll, wie sie ist; nach 17 Monaten, in denen abertausende Menschen getötet worden sind. Daran hat auch Moskau, hat die neue Kremlführung ein Interesse.

Video: Letzte UN-Beobachter verlassen Syrien

Es wäre ein großer außenpolitischer Erfolg Russlands, würde es gelingen, Bewegung in Syrien herbeizuführen. Wladimir Putin hat genügend Konflikte intern, als dass er außenpolitisch auch noch größere auf Dauer riskieren wollte; dazu ist er zu sehr Geheimdienstmann, um nicht zu wissen, welche Rolle Russland in Nahost bisher gespielt hat: keine rühmliche. Syrien aber ist inzwischen der größte, gefährlichste Brandherd. Waffen zuhauf werden dorthin geliefert, aus allen nahöstlichen und anderen interessierten Ländern an die unterschiedlichen gegeneinander kämpfenden Gruppen. Eine große Explosion, um es so auszudrücken, würde die gesamte Region sprengen, Israel und den Iran eingeschlossen. Und darüber hinaus: Wenn einer vor der Gefahr eines Weltenbrands warnen will, dann hier, in diesem Zusammenhang.

Das kann niemand wollen, und wer – umgekehrt – die weitere Eskalation verhindert, womöglich dem Ganzen eine bessere Zukunftsaussicht verschafft, der erwirbt sich Meriten und Reputation. (Interessanterweise ist es die deutsche Außenpolitik, die sich so verhält, als habe sie das Momentum erkannt: indem sie sich schnaubender Kritik an Moskau enthält. Sie will vielmehr eine Entwicklung in Moskau unumkehrbar machen.) Putin wiederum kann Erfolg international gerade gut gebrauchen, Russland, das sich selbst für eine Supermacht hält, auch. Da helfen sogar die Worte aus den USA. Deren Präsident Barack Obama hat sehr deutlich mit einem Angriff gedroht, wenn Syrien es wagen sollte, seine Biowaffen auch nur anzutasten. Also muss sich etwas anderes bewegen: das Regime.

Darum geht es gerade. Das Assad-Regime ohne Assad – so lautet das Destillat aus dem, was Dschamil in Moskau gesagt hat. Der Vizepremier, er war zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen dort, muss jetzt beim Wort genommen werden. Ort und Zeitpunkt erlauben Hoffnung. Fehlt nur noch, dass Putin Assad einlädt. Und ihn dann gleich dabehält.

Video: Damaskus unter schwerem Beschuss

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