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Meinung: Verkauf der Tafelsilber-Konservativen

Ohne Schönbohm fehlt der CDU der traditionelle Flügel

Auf den ersten Blick erscheint es konsequent. Friedbert Pflüger hat seine politische Zukunft – so hofft er – noch vor sich, Jörg Schönbohm die seine hinter sich. Auf den zweiten Blick ist die Entscheidung der Delegierten des Dresdener Parteitages so falsch wie die neoliberale Überreaktion von Leipzig. Denn mit Jörg Schönbohm verschwindet neben der Person auch ein Flügel aus der öffentlichen Wahrnehmung, jene Konservativen, die mit Strauß, Dregger, Wallmann und Kanther einst eine mächtige, bewahrende Pressure-Group in der Union waren – zuerst gegen die Anerkennung der Oder-Neiße- Grenze und eine neue Ostpolitik, später gegen Multikulturalismus, Homoehe und Extremfeminismus.

Nun könnte man darüber hinwegsehen, wenn der Flügel verkümmert wäre, weil die gesellschaftlichen Gruppen darunter verschwunden sind. Doch die steigende Zahl der Nichtwähler und die Erfolge der NPD sprechen eine andere Sprache. Die Union war immer dann erfolgreich, wenn ihre drei Flügel, die Sozialromantiker, die marktfixierten Modernisierer und die Tafelsilber- Konservativen gleich kräftig schlugen.

Denn noch immer gibt es in der Gesellschaft eine große Gruppe von Menschen, die Udo di Fabio in seiner „Kultur der Freiheit“ wie folgt beschrieben hat: „Der freie moderne Mensch, bestens geeignet für Arbeitswelt und Konsum, muss mobil sein, sprachgewandt, weltoffen und vor allem ungebunden. Frauen mit mehreren Kindern, sozial tief verwurzelte Väter scheinen nicht in Unternehmen zu passen, die bedrohten und bedrohlichen Haifischen gleich im internationalen Wettbewerb stehen. Menschen mit tiefen Glaubensbindungen und einer als konservativ belächelten Lebensführung, aber auch mit allzu intensiver klassischer Bildung scheint einfach die Unbekümmertheit zu fehlen, die Offenheit für alles Neue, die bedenkenlose Anpassungsfähigkeit, die die notwendigen Voraussetzungen für rasches Agieren, Ausnutzen von Vorteilen überraschende Innovationen sind.“

Mit dem Abgang Schönbohms fehlt diesen Menschen eine Stimme. Mag sein, dass die Union bei der letzten Bundestagswahl wegen Leipzig Stimmen an die SPD verloren hat und heute wegen Rüttgers an die FDP verliert. Doch jene magischen 40 Prozent werden auch dann nicht erreicht, wenn die Union jene vergisst, die traditionell und altmodisch denken, es sind weit mehr, als Grüne und marktliberale Modernisierer wahrhaben wollen.

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