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Sturzhelm immer dabei.

© Kitty Kleist-Heinrich

Verkehr: Helmpflicht für Radfahrer allein reicht nicht

Eine Helmpflicht für Radfahrer ist sinnvoll, meint Matthias Breitinger. Die Gegenargumente des Radclubs ADFC hält er für bizarr. Die Politik darf es aber nicht beim Tragezwang bewenden lassen. Diskutieren Sie mit!

Bloß keine Anschnallpflicht im Auto – sie verleide vielen Menschen die Lust am Autofahren, lamentiert der Automobilclub. Klingt bizarr? Wäre es auch, wenn es solche Äußerungen gäbe. Nicht anders klingt jedoch die Klage der Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) über die Fahrradhelm-Pflicht, die Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ins Gespräch gebracht hat. Würde die Pflicht eingeführt, werde Radfahren für viele Menschen deutlich unattraktiver, warnt der ADFC.

Die Absicht des Vereins, mehr Autofahrer zum Umsteigen aufs Fahrrad zu bewegen, ist ehrenwert. Auch das Argument des ADFC, dass der Zwang zum Helmtragen Leihfahrradsysteme in Städten verkomplizieren würde, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber das Ziel, die Innenstädte zu entlasten, darf nicht auf Kosten der Sicherheit gehen.

Die Behauptung des ADFC-Bundesvorsitzenden Ulrich Syberg, "Radfahren ist sicher – egal ob mit oder ohne Helm", widerspricht den Tatsachen. Niemand behauptet, dass eine Helmpflicht schwere Fahrradunfälle verhindert, doch deren Folgen werden geringer sein. Nach wissenschaftlichen Studien sinke das Risiko einer Kopfverletzung um 69 Prozent, wenn Radfahrer einen Helm tragen, schreibt Johanna Gutsche vom Robert-Koch-Institut in einem aktuellen Beitrag in der Fachzeitschrift Das Gesundheitswesen. Dennoch schützt nicht mal jeder zehnte Radfahrer seinen Kopf. Und etwa jeder zweite tödliche Fahrradunfall hat laut Ramsauer mit schweren Kopfverletzungen zu tun.

Helm-Gegner halten dagegen, der Kopfschutz habe sogar negative Wirkungen. Richtig ist, dass ein Helm natürlich nur dann schützt, wenn er korrekt aufgesetzt und befestigt wurde. Doch die Annahme, dass der Helm seinen Träger zu riskantem Fahren verleite, ist nicht belegt. Auch der Hinweis, eine gesetzliche Helmpflicht sei kaum zu kontrollieren, verfängt nicht. Schließlich legt die überwiegende Mehrheit der Autofahrer die Sicherheitsgurte an, obwohl die Polizei das nicht flächendeckend überwacht.

Das Argument, die Helmpflicht wälze die Verantwortung für Unfälle auf die gefährdeten Radfahrer ab, ist ebenfalls unsinnig. Wenn Radler ihren Kopf schützen, entbindet das Autofahrer noch lange nicht von ihrer Verantwortung und Rücksichtnahme gegenüber den schwächeren Verkehrsteilnehmern. Die Mehrzahl der Unfälle zwischen Autos und Radfahrern wird von Autofahrern verursacht. Und Radler haben keine Knautschzone, ob mit oder ohne Helm.

Daher ist es auch richtig, dass der ADFC vom Verkehrsminister eine gute Infrastruktur mit fahrradfreundlicher Verkehrsführung und die Einführung technischer Sicherheitssysteme wie Abbiege-Assistenten für Lkw fordert. Gerade in Sachen Radwegenetz herrscht in vielen deutschen Städten Nachholbedarf – zumal viele Großstädte sich vorgenommen haben, den Fahrradverkehr in den nächsten Jahren deutlich zu steigern.

Doch der Ruf nach sicheren Wegen und eine Helmpflicht sind keine Gegensätze. Zusammen ergeben sie Sinn. Die Bedeckung mag den Kopf schützen, doch unübersichtliche Wegeführung oder mangelhafte Straßengestaltung macht sie nicht wett. Es wäre daher falsch, wenn sich die Verkehrspolitik allein auf ein Helm-Gesetz zurückzöge. Wer sich wie Ramsauer so vehement für mehr Sicherheit von Radfahrern ins Zeug legt, muss sich auch für eine sichere Infrastruktur einsetzen.

Quelle: zeit.de

Liebe Leserinnen und Leser: Wie stehen Sie zu der Radhelmpflicht und den Argumenten des Fahrradclubs? Diskutieren Sie mit!

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