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Meinung: Vertrauen ohne Zuversicht

Klaus Wowereit bleibt im Amt, aber viele fragen sich, wie lange noch.

Mach’ erst mal weiter ...“: Dazu ist Klaus Wowereit am Samstag von einer deutlichen Mehrheit der Berliner Abgeordneten aufgefordert worden. Es kam wie angekündigt: Die rot-schwarze Koalition stand fest wie Startbahn-Beton zu der Verabredung, dass Wowereit im Amt bleiben möge. Das Vertrauen gilt bis auf Weiteres. Dieselben Politiker, die dem Regierenden das Vertrauen ausgesprochen haben, spekulieren im Bereich des Nichtzitierfähigen über die Frage, wann und wie der Sonnenkönig, der zum Master of Desaster geworden ist, einen guten Abgang hinlegen könnte.

Was kein Wunder ist: Wenn einer erst mal selbst sein Amt und seine Fähigkeiten infrage gestellt hat, dann fragen andere, wer womöglich besser regieren könnte. Darauf allerdings haben in Berlin weder die SPD- noch die CDU-Strategen eine überzeugende Antwort – und deshalb soll der politische Betrieb einfach weiterlaufen. Für die Berliner Stadtpolitik ist Schlimmeres denkbar – für die regionale Flughafenpolitik eher nicht. „Weiter wie bisher“ bedeutet mit Blick auf die Großproblembaustelle nichts Gutes. Ob der künftige Aufsichtsratsvorsitzende Matthias Platzeck mehr Durch-, Weit- und Überblick als Wowereit erkennen lässt, ist völlig offen – als Wowereits Kopilot in dem Gremium hat er jedenfalls dessen Bruchlandung nicht verhindern können.

Überhaupt war am Tag der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus nichts weniger zu spüren als Vertrauen – in Wowereits Fähigkeiten, in die Zukunft des Flughafens, in den Umgang aller Beteiligten mit dem Planungsproblem BER.

Was soll man sagen, wenn Wowereit nach bestandener Abstimmung und allerlei Händegeschüttel in einem Interview die Kommunikationsfähigkeiten des Baumanagers Horst Amann kritisiert? Gewiss wundern sich manche in der Politik über die Menge Zeit, die Amann offenbar braucht, um die Bau-Probleme auch nur zu beschreiben. Aber diese Art des Umgangs mit dem Desaster kennt das Steuern zahlende Publikum zur Genüge: Flughafen-Manager werden als Versager identifiziert und bei Bedarf gefeuert (wie Amanns Vorgänger, der sozusagen auf der Baustelle promovierte Doktor Manfred Körtgen) – oder sie werden wie Rainer Schwarz gehalten, solange sie wie Boxsäcke die Prügel einstecken, die eigentlich den Politikern zugedacht sind.

Flughafen BER? Da rollen gelegentlich Köpfe über eine Landebahn, von der kein Flugzeug abhebt. Und deshalb war dieser Samstag kein guter Tag für die regionale Politik. Wowereit und seine Koalition haben Zeit gewonnen. Doch glaubt einer von denen, die Wowereit gestützt haben, dass jetzt die Phase des Problemlösens beginnt? Die, die ehrlich sind, erwarten eher noch mehr schlechte Nachrichten aus Schönefeld. Wirklich niemand behauptet, dass nun endlich alle Schwierigkeiten dieses Bauprojekts erkannt wären.

Klar, dass Wowereit nicht mal mehr über Eröffnungstermine spekulieren, geschweige denn einen solchen ankündigen will. Aber es hat auch was, wenn ein Politiker auf alle Versprechen verzichtet und einfach mal realistisch ist.

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