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Meinung: Viel Wind um wenig

Die Demokratisierung Südostasiens stockt

Bewegt sich was in Südostasien? Malaysias Ministerpräsident Abdullah Badawi hat das Parlament aufgelöst, in den kommenden zehn Monaten wird in fünf Ländern gewählt: in Malaysia, Indonesien, Thailand und auf den Philippinen. Kambodscha hat das schon getan, wartet aber noch auf die neue Regierung. Auch viele Singapurer glauben, dass sie einen neuen Regierungschef bekommen. Und die Junta in Myanmar (Birma) verspricht, dass dort – sechzehn Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung – wieder ein Parlament zusammentreten darf. Doch was nach Bewegung aussieht, ist weitgehender Stillstand. Die Demokratisierung stockt.

Der Militärdiktatur Myanmars traut niemand. Das Land gehört zu den vier Polit-Monolithen im Staatenbund Asean. Wie Brunei, wo ein Sultan herrscht, wie Vietnam und Laos, wo die Kommunisten am Ein-Parteien- System festhalten. In Malaysia und Singapur gibt es eine Opposition, aber mit Fesseln, ohne Meinungsfreiheit, ohne Versammlungsrecht. Die Wahlen sind nicht fair, Wahlkampf ist kaum möglich. Malaysias Ministerpräsident Abdullah hat sein Amt im Herbst geerbt. Das Parlament löst er auf, weil er rasche Wahlen für günstig hält. Der Wirtschaft geht es gut, Abdullah hat mit einer Antikorruptionskampagne Pluspunkte gesammelt. Verlieren kann er nicht, der einzige ernst zu nehmende Konkurrent sitzt seit 1998 im Gefängnis – weil er die Regierung kritisiert hat.

Singapur erledigt laute Oppositionelle durch Verleumdungsklagen. Vorbestraft und nach hohen Geldbußen bankrott, dürfen und können sie sich nicht politisch betätigen. An dieser Praxis wird ein Wechsel wenig ändern. Lee Hsien Loong soll Goh Chok Tong als Regierungschef ablösen – und die Lee-Dynastie fortsetzen. Sein Vater hatte Singapur gegründet und jahrzehntelang regiert, vom Sohn erwartet niemand Überraschungen.

Die wird es auch in Kambodscha nicht geben, wo seit 1985 der „starke Mann“ Hun Sen regiert. Nach etwas Demokratisierung und „nur“ 31 politischen Morden vor der letzten Wahl hat Hun Sen doch tatsächlich seine Zweidrittelmehrheit verloren! Statt eine Koalitionsregierung zu bilden, streiten sich Kambodschas Politiker. So regiert Hun Sen eben ohne Parlament. Auch Nachbar Thailand hat seit 2001 einen starken Mann, Thaksin Shinawatra. Im Land mit der modernsten Verfassung Südostasiens erhielt die Partei des Populisten so viele Stimmen, dass Thaksin machen kann, was er will. Unter dem asiatischen Berlusconi ist alles Chefsache. Thaksin ordnete einen Krieg gegen Drogen an, bei dem 2500 Menschen erschossen wurden. Die Medien kontrolliert oder drangsaliert er. Acht Prozent Wirtschaftswachstum, billige Arztbesuche für alle, Regierungskredit für jedes Dorf – Thaksin wird wieder gewählt.

Spannende Wahlen dürfte es nur in Indonesien und auf den Philippinen geben. In Manila war Präsidentin Gloria Arroyo vor drei Jahren durch einen friedlichen Staatsstreich an die Macht gekommen. Jetzt will sie gewählt werden, obwohl sie wegen des unsauberen Aufstiegs versprochen hatte, „aus Patriotismus“ nicht zu kandidieren – um das Land nicht zu spalten. Jetzt tritt sie doch an. Gegen Herrn Poe, einen Filmstar ohne politische Erfahrung und Programm. Arroyos gewählter Vorgänger war ebenfalls Exschauspieler.

Aus Indonesien dringen schlimme Terrormeldungen. Nur wenige bemerken, dass das islamische Land sich erfolgreich reformiert: Nach langer Militärherrschaft wächst seit 1998 eine Demokratie, im Juli wählen die Bürger den Präsidenten erstmals direkt. Leider wissen sie nicht, wen. Die passive Präsidentin Megawati Sukarnoputri hat enttäuscht – und bleibt doch Favoritin, weil von den vielen Konkurrenten keiner so richtig populär ist. Einer müsste die Opposition bündeln, vielleicht Exminister Wiranto vor der Stichwahl. Er war General und Armeestabschef des Diktators Suharto, jetzt gibt er den Reformer. Der Adjutant des Diktators als erster direkt gewählter Präsident des endlich demokratischen Indonesien? Das hört sich unglaublich an. Ist aber in Südostasien gut möglich.

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