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Joffe

© promo

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Mit dem Strom schwimmen, sich von der Diktatur-Dynastie verängstigen lassen und den Rasenmäher vermeiden.

Margaret Thatcher, die eiserne Lady ist tot. Was bleibt von ihr?

Sie war der Regierungschef, den wir ersehnen, aber nicht wirklich wollen. Diese Frau hat Britannien umgekrempelt. Als sie kam, lag die Inflation bei 14 Prozent, vier Jahre später bei 3,6. Als sie 1979 antrat, gingen 29 Millionen Arbeitstage durch Streiks verloren, 1986 waren es nur deren zwei. Die Spitzenbesteuerung fiel von 83 Prozent auf 40. Sie ist gegen den Strom geschwommen und hat sich durchgesetzt: gegen den argentinischen Diktator Galtieri im Falklandkrieg, gegen die Gewerkschaften, die das Land lahmzulegen versuchten. Aber sie war auch die Erste im Westen, die auf Gorbatschow zuging. Die Geschichte gab ihr recht: Der Sozialdemokrat Tony Blair hielt an ihren Reformen fest. Aber wir wollen solche Typen nicht mehr, sondern Leute wie Cameron, Hollande und Merkel, die im Wind der jeweiligen Stimmungen segeln.

Die Nordkorea-Krise eskaliert. Haben die Chinesen ihren Einfluss auf den Nachbarn verloren?

Die Chinesen haben den nie gehabt, weil die Diktatur-Dynastie der Kims auch sie verängstigt hat. Chinas Albtraum ist a) der Zusammenbruch Nordkoreas, der Millionen Flüchtlinge in China einfallen ließe und b) der totale Wahnsinnsausbruch, der einen Krieg provoziert und China mit hineinzieht – wie 1950–1953, als China eine Million Soldaten im Kampf gegen die USA verlor. Die Kims wussten/wissen das; sie sind Meister der „Rationalität der Irrationalität“, der Demonstration der Aggressionsbereitschaft, die den Gegner vom nächsten, womöglich schicksalshaften Zug abschreckt.

Der Fall Wulff landet nun vor Gericht. Gehört er dorthin?

Chapeau für den Wulff, auch wenn er gewaltige Anwalts- und Gerichtskosten gewärtigen muss. Heere von Staatsanwälten haben nach 17 Monaten nicht mehr gefunden als für einen Deal: 20 000 Euro gegen Einstellung. Der Mann wurde von den Medien angeklagt und verurteilt – ohne Rechtsbeistand und fairen Prozess. Die Strafe: die Vertreibung aus dem BuPrä-Amt, der Absprung einer Gattin, die glaubte, einen Ministerpräsidenten zu heiraten, aber ein armes Schwein bekommen hat. Der Prozess ist der einzige Weg zur Rehabilitierung, der Deal wäre ein nachgeholtes Schuldgeständnis gewesen. Dem Mann gebührt Respekt und „Glückauf!“

Ein Wort zu Amerika …

Vielleicht ist Obama doch nicht der Ideologe, der lieber recht behalten will als recht zu kriegen. Sein Haushaltsentwurf geht auf die Opposition zu: rauf mit den Steuern, aber auch runter mit den Staatsausgaben. Das ist besser als der automatische Ausgabenschnitt seit dem 1. März, der wie ein Rasenmäher durch alles fährt: Verteidigung, Flugsicherung, Kindergeld, Bundesgelder für Bildung …

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Zurzeit lehrt er Politikwissenschaft an der Stanford University. Fragen: mos.

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