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Joffe

© promo

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Die Welt streitet wie Kids in der Buddelkiste, lässt den Inselstreit weiterköcheln und bringt mehr Gravitas auf die Weltbühne

Der Koalitionsvertrag steht. Wie wird er das Land verändern?

In die Richtung, wo das Land hinwill, wie das jüngste Meinungsbild zeigt, das Allensbach präsentiert hat. Das Volk will mehr staatliche Vor- und Fürsorge; es bekundet wachsende Abneigung gegen die Marktwirtschaft. Mehrheiten assoziieren die mit „Gier“ (56 Prozent), „Rücksichtslosigkeit“ (53) und „Ausbeutung“ (51). „Hohe Preise“ schieben ihr 49 Prozent zu, obwohl D mit seinen hochkompetitiven Märkten im Vergleich zur Rest-EU ein Schnäppchen-Land ist. Deshalb hat die große Koalition 80 Prozent der Sitze, die anderen 20 Prozent teilen sich zwei andere Linksparteien. Es gibt mehr Goodies und weniger Durchlässigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Und viel weniger Agenda 2010, die aus dem „kranken Mann“ D den Klassenbesten in Europa gemacht hat. „Wenn det mal jut jeht“, sagt der Berliner.

Im Streit um die Freizügigkeit legt Brüssel Großbritannien den EU-Austritt nahe. Was wäre dadurch besser?

Justizkommissarin Viviane Reding, die diese „Einladung“ ausgesprochen hat, redet wie die Kids in der Buddelkiste. Cameron, der Arbeitslosenhilfe und Wohngeld für EU-Ausländer kürzen will, allerdings auch. Wie Horst, König von Bayern, der allein Ausländern die Maut aufdrücken will. Freizügigkeit ist die vornehmste Errungenschaft der EU, und sie gilt entweder für alle oder für niemand. Einwohner zweiter Klasse sind Gift für die EU, ein Austritt der Briten allerdings auch. Stay cool, David and Viviane. Und zu Horst: „Wie hammas denn?“

China und Japan streiten sich um ein paar Inseln. Wer wird sich durchsetzen?

Niemand. Die Chinesen, die eine „Identifikationszone“ aufgezogen haben, werden keinen abschießen, schon gar nicht die amerikanischen B-52-Bomber, die sie unangemeldet durchflogen haben. Danach kam die 7. Flotte. Japaner und Südkoreaner zeigen ebenfalls die Zähne. Der Inselstreit wird weiterköcheln, aber alle werden mit äußerster Vorsicht agieren. Anders als 1914 will niemand einen Krieg, weil er anders als damals die Folgen voraussehen kann. Indes: Das Geplänkel gibt einen Vorgeschmack auf das 21. Jahrhundert – auf das Duell zwischen dem Aufsteiger und dem Platzhalter mit seinen Verbündeten.

Ein Wort zum noch geheimen nächsten Außenminister …

Es wird wohl der alte sein, wie in der letzten großen Koalition: Frank-Walter Steinmeier. Deutsche Nicht-Außenpolitik zu betreiben, ist einfacher, als die SPD-Fraktion vor sich her zu treiben – und bringt mehr an Bildern und Interviews. Höchste Popularität ist in diesem Job garantiert. Der Unterschied zu Guido W.? Stony bringt mehr Gravitas auf die Bretter. Derlei Mischung aus Körpergewicht, Alter und Würde ist ein unschätzbares Plus beim Wandeln über die Weltbühne.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“.

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