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Meinung: Von den Zahlen lernen

Von Gerd Nowakowski

Statistiken können helfen. Wenn man sich denn von den Zahlen helfen lassen möchte. Über 40 Prozent aller Jugendlichen unter 18 Jahren haben in Berlin inzwischen einen sogenannten Migrationshintergrund. Das zu wissen, ist hilfreich – und für viele Menschen überraschend bis erschreckend. Bislang nämlich haben die Statistiker für Berlin nur einen Ausländeranteil von 13 Prozent angeben. Nein, eine neue Einwanderungswelle gibt es nicht. Vielmehr signalisieren die neuen Zahlen für die Hauptstadt das Ende einer verschwurbelten politischen Korrektheit, bei der die Wirklichkeit mit Statistiken bisweilen mehr verschleiert als beleuchtet wurde.

Beispiel eins: Jahrelang gab es in Berlin keine Zahlen über den Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an der Gewaltkriminalität. Wer eingebürgert war, wurde nur noch als Deutscher gezählt, um sich nicht dem Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit auszusetzen. Erst seitdem klar ist, dass ausländische und eingebürgerte Jugendliche zusammen weit häufiger kriminell auffallen, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht, gibt es eine öffentliche Debatte und ein konsequentes Vorgehen von Polizei und Justiz gegen diese Mehrfachtäter.

Beispiel zwei: Statistiker haben zwar schon früher darauf hingewiesen, dass im Jahre 2026 jeder zweite Schüler aus einer Migrantenfamilie stammen wird. Nun wissen wir, dass bereits heute die Nachkommen aus solchen Familien fast die Mehrheit stellen. Das bedeutet nicht, dass alle diese Kinder und Jugendlichen Problemfälle für die Schulen und die Gesellschaft sind. In vielen Fällen kommen diese Kinder und Jugendlichen aus voll integrierten Familien, wo die Eltern vor Jahrzehnten aus Vietnam, Griechenland oder aus der Türkei kamen. Aber die ehrliche Statistik zeigt dennoch, dass die Probleme noch größer als bislang gedacht sind und der Bundeshauptstadt etwa im Bildungsbereich die Zeit wegläuft. Das Land muss noch schneller reagieren, um Kinder zu fördern und ihnen Zukunftschancen zu geben. Statistik hilft – wenn sich die Politik beim Handeln helfen lassen will. An einem Mangel an Zahlen liegt es jedenfalls nicht mehr.

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