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Meinung: Von Fest- und Christbäumen

Amerikas Rechte hat Recht: Weihnachten muss christlich bleiben Von Amitai Etzioni

Wenigstens einmal hat die christliche Rechte in Amerika eine gute Idee gehabt: Lasst uns Christus wieder ins Zentrum des Christfestes rücken! Denn wenn das passiert, dann bin ich, obwohl selbst ein Jude, nur zu glücklich, diesen Tag zu würdigen (wenn auch nicht selbst zu feiern), die zu grüßen, die ihn feiern und ihr Recht kraftvoll zu unterstützen, diese würdevolle Gelegenheit öffentlich zu begehen (unter der Voraussetzung dass, wenn Chanukka kommt oder ein anderer höchster Feiertag anderer wichtiger Religionen, diese dann dasselbe tun dürfen). Ich kann das Unbehagen jener voll verstehen, die ein zum Neutrum gewordenes Weihnachten als verletzend empfinden. Christbäume in „Festbäume“ umzubenennen und Santa Claus in Vater Schnee ist einfach dumm. Diese multikulturell korrekten Namen haben dann tatsächlich keine Wurzeln mehr in irgendeiner Kultur und täuschen niemanden. Ein Krippenspiel ist eine christliche Inszenierung, selbst, wenn man sie „historische Dramatisierung“ nennt und ein Stern auf der Spitze eines Weihnachtsbaums ist kein bloßes Ornament, was immer auch sein künstlerischer Wert sein mag.

Ich sehe keinen Grund, warum man diese Symbole ihres religiösen Inhalts entleeren sollte. Warum sollten ich und andere Nichtchristen nicht die heiligen Tage anderer respektieren können? Man könnte einwenden, dass das Anbringen dieser Symbole auf öffentlichen Plätzen so aussehen könnte, als wenn wir alle zu ihren Füßen beten würden. Aber das ist kaum der Fall. Es zeigt nur, dass zu dieser Zeit des Jahres ein wichtiger Teil der Gesellschaft an der Reihe ist, sich selbst im öffentlichen Raum auszudrücken. Die, die gerne dahin gehen, beitragen oder mitsingen wollen, sind willkommen, genauso wie die, die zu Hause bleiben wollen.

Genauso unnötig ist es, zur selben Zeit alle anderen religiösen Symbole und Zeichen öffentlich auszustellen, so dass Stadthallen und öffentliche Plätze wie eine geistlose Cafeteria der Feiertage wirken. Jeder ist einmal an der Reihe. So dass wir, statt Weihnachten zu neutralisieren, dazu beitragen können, alle wichtigen Feiertage wiederzubeleben. Ich sage wichtige, weil ein anderer Weg, diese Sache ins Absurde abgleiten zu lassen, darin besteht, zu verlangen, dass neben der Geburtskrippe, einer Menora, koranischer Kalligrafie und einem Buddha auch die Symbole aller anderen Religionen berücksichtigt werden sollten, von den Zoroastrikern bis zu den Satanisten. Genauso wie wir es nicht für nötig halten, jeder kleinen Splittergruppe einen Platz in unseren gewählten Institutionen zukommen zu lassen, so können wir auch eine vernünftige Grenze setzen für die Zahl von Menschen, die einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehören müssen, bevor diese das Recht erhält, einen Platz in der Öffentlichkeit und entsprechende Aufmerksamkeit beanspruchen zu können. Sogar Säkulare bekommen ihren Tag, etwa am 1. Mai.

Aber – und dies ist ein großes aber – um Christus wieder ins Zentrum des Christusfestes zu rücken braucht es weit mehr als den Weihnachtsbaum wieder bei jenem Namen zu nennen, den er vor vielen Jahrhunderten erhielt als diese heidnische Tradition übernommen wurde oder „Stille Nacht“ und andere Lieder zu singen. Dazu wäre es nämlich nötig – und das ist etwas, was keiner jener Konservativen erwähnt hat –, die Geldwechsler aus dem Tempel zu schmeißen, also Weihnachten zu entkommerzialisieren.

Ich respektiere den Friedensfürsten für seine gewaltfreie Lehre (und ich sehe in dieser Zeit des Jahres gerne über Textstellen hinweg wie „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“) Im selben Sinne hege ich den größtmöglichen Respekt für den Christus, der sich die Bergpredigt ausgedacht hat; den, der für die Verarmten und Unterdrückten blutet; der, für den Geben bedeutet, sich den Armen zuzuwenden – nicht jedoch für jene mit tiefen Taschen, die sich gegenseitig Kaschmirpullover schenken, goldene Schlipsklammern und Plasmafernseher. Und ich sehe nicht, dass Christus durch jene gefeiert wird, die kaufen bis zum Umfallen, ihre Kreditkarten bis zum Letzten ausreizen und einander mit überbordenden Festen ausstechen, deren Vorbereitung sie erschöpft und ihnen wenig Geduld und Energie lässt für ihre Familienzusammenkunft.

Feiertage sind jene Tage, an denen wir uns auf unsere Werte rückbesinnen. Aber genauso wie wir nicht von jedem verlangen sollten, denselben Glauben zu teilen (obwohl wir froh darüber sind, einige Grundsätze gemein zu haben, gegenseitige Toleranz eingeschlossen), sollten wir auch nicht nach so ausgebleichten Feiertagen verlangen, dass jeder daran in derselben Art und Weise teilnehmen kann. Manche Feste betonen das, was uns verbindet (etwa nationale Feiertage), andere betonen das, was uns trennt. Lasst also die Christen ein echtes Christfest haben.

Der Autor lehrt an der George Washington University und ist Mitbegründer des Kommunitarismus.

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