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Meinung: Von Herzen mit Schmerzen

Lafontaine und die SPD – Szenen einer Trennung

Bei der SPD gibt’s Krach, und im Saarland sitzen Rebellen. Wer jetzt unweigerlich an Oskar Lafontaine denkt, den einstigen Saar-Napoleon, der sich selbst in die „Bild“ verbannt hat – der hat Recht. Bei dem Namen haben sie jetzt nämlich in Berlin auch deshalb die Faxen dicke, weil in der Partei nicht alles wie gewünscht funktioniert. Nun sollen am 23. Mai in Berlin 140 Jahre Sozialdemokratie gefeiert werden, aber Lafontaine soll nicht kommen. Er ist unerwünscht. Wie das wohl enden wird.

Nicht im Mai, und traurig, so oder so. Denn eigentlich passt ja nicht zur SPD, was da passiert. Das geht im Grunde contre coeur; ihr Herz schlägt anders. Eine Partei, die so sehr Traditionen, Regeln und Gremien verhaftet ist – die lädt einen ehemaligen Parteichef nicht ein? Noch dazu einen, dem sie die Rückkehr an die Macht verdankt, dem ihr Kanzler sein Amt verdankt? Die Saarländer mit ihrem jungen Vorsitzenden Heiko Maas und die Hessen mit ihrer neuen Vorsitzenden Andrea Ypsilanti geben die Stichworte für eine weitere, sicher auch unerwünschte innerparteiliche Diskussion: „nicht in Ordnung“ und „kleinkariert“.

Richtig bleibt trotz allem, dass Lafontaine ein paar Jahre lang der SPD mit Sekundärtugenden gedient hat; übrigens ironischerweise, denn genau die hatte er vor Jahrzehnten dem letzten SPD-Kanzler vorgehalten. Aber richtig bleibt auch, dass Lafontaine nach dem Sieg auch über sich selbst die Fehler seines Lebens machte. 1999 trat er ja nicht einfach von allen seinen Ämtern zurück – er warf alles weg. Gekränkt fühlte er sich, gemobbt, verlassen, verraten. Bis heute trägt er Gerhard Schröder Undank und einen Mangel an sozialer Kompetenz nach. Und erkennt nicht, dass er mit seinem ewigen Rück-Tritt genau diese Gefühle in der Partei provoziert. Bis heute.

So verletzt, wie Lafontaine sich sieht, so verletzt reagiert die SPD. So getäuscht, wie er sich vom Kanzler fühlt, fühlen sich die Genossen von ihm. Es war doch sein Politikentwurf, für den sie sich in Mannheim auf dem Parteitag 1995 begeistert haben, für den sie dann alle ihre Regeln brachen und revoltierten. Und immer wieder erinnert er an diese enttäuschte Liebe, mit jedem seiner Kommentare. Darf aber die Partei deshalb wieder für ihn mit ihrer Tradition brechen, indem sie den einstigen Vorsitzenden nicht zum Jubiläum einlädt? Wenn die SPD Lafontaine missachten will, muss sie sich selber achten; wenn die Parteispitze meint, dass er der Partei geschadet hat – dann muss sie ein Ausschlussverfahren anstrengen. So sind die Regeln. Traurig, oder?

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