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Wie geht es weiter mit dem Euro und der EU?

© Reuters

Vor dem EU-Gipfel: Diesmal geht es ums Ganze

Ein weiteres Durchwursteln kann es nicht geben: Beim Gipfel in Brüssel müssen sich die EU-Staaten auf ein Handlungskonzept einigen. Sonst könnte das Haus des vereinten Europa am Montag ein Trümmerhaufen sein.

Das könnte ein langer Gipfel werden. Vorgesehen sind für das Brüsseler Krisentreffen zwar nur der Donnerstagabend und der Freitag, aber tatsächlich ist das Zeitfenster für eine Einigung über einen Euro-Stabilitätspakt bis zum Sonntagabend mitteleuropäischer Zeit offen. Erst wenn die asiatischen Börsen am Montagmorgen öffnen, müssen sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten auf ein Handlungskonzept verständigt haben, denn dort lauert man auf das Signal aus dem fernen Brüssel. Ob in der belgischen Hauptstadt am Ende der Triumphmarsch aus Giuseppe Verdis Aida intoniert oder Frédéric Chopins Trauermarsch gespielt werden wird, ist offen – noch immer scheinen nicht alle Regierungen begriffen zu haben, dass es nach den Warnungen einer der großen Ratingagenturen nicht wie früher immer wieder ein weiteres Durchwursteln bis zum nächsten oder übernächsten Gipfel geben kann.

Man mag dem US-amerikanischen Unternehmen Standard & Poor’s mit Recht vorwerfen, seine Experten seien in ihrem Alarmismus blind für die Bedeutung von Haushaltsdisziplin und Stabilitätspolitik und würden, da nun ganz amerikanisch, das Heil lediglich in einer schnelleren Umdrehung der Gelddruckmaschinen sehen, so, wie man in Washington eben von je her glaubt, solche Krisen heilen zu können. Aber eines stimmt doch: Das monatelange, richtungslose Taktieren der Euro-Regierungen, das Hin und Her zwischen markigen Worten und halbherzigen Taten, hat das Vertrauen in Politik und Gemeinschaftswährung nachhaltig beschädigt. Stück für Stück wurde dem Druck der Finanzmärkte zu spät nachgegeben. Finanzspritzen, die vor mehr als einem Jahr gewirkt hätten, aber damals verweigert wurden, erwiesen sich dann, als es offensichtlich nicht mehr ohne sie ging, als zu gering dosiert.

Dass es so kam, darf man nicht nur den Deutschen anlasten. Ohne deren anfängliche Verweigerungshaltung gegenüber südeuropäischen Wünschen nach schnellen Geldhilfen wären die Regierungen in Athen, Madrid, Lissabon, Rom und Paris nicht auf einen strikten Sparkurs eingeschwenkt. Aber am Ende muss eben doch Geld fließen. Und wenn es die von der Bundeskanzlerin verbissen geforderten Änderungen der EU-Verträge gegeben haben wird, kommen auch die jetzt noch als Teufelszeug verdammten Euro-Bonds, weil mit deren Einführung die Finanzspekulationen gegen einzelne Euro-Länder ein Ende haben werden.

Es wäre gut, wenn sich in Brüssel nicht nur die 17 Euro-Länder, sondern alle 27 EU-Staaten auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Jedes Nicht-Euro-Land, das dem Stabilitätspakt beitritt, verstärkt das Gewicht der Wirtschafts- und Finanzmacht Europa. Polen zum Beispiel hat ein brennendes Interesse daran, eingebunden zu sein in die zukunftweisenden Entscheidungen. Und wenn am Ende nur England und Dänemark als Einzelgänger übrig bleiben, wird das die EU, wird es die Euro-Union verschmerzen können.

Was passiert, wenn es keine Einigung auf eine Änderung der EU-Verträge, keine Festlegung der Richtung auf eine Fiskalunion mit einer einheitlichen Finanzpolitik geben wird, kann niemand prognostizieren. Das Stück, das hier gespielt wird, hat zwar einen Anfang – die mangelnde Haushaltsdisziplin einiger Euroländer –, aber es hat kein ausgeschriebenes Ende. Entweder ist das Haus des vereinten Europa am Montag im Fundament und den tragenden Mauern gestärkt oder es ist ein Trümmerhaufen. Diesmal geht es wohl wirklich ums Ganze.

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