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Vor der Bundestagswahl: Frische Luft

Grüne und Liberale verbindet viel: Politisch wäre es, dieses Potenzial gemeinsam zu nutzen

Die Wahlwoche neigt sich dem Ende zu – und alle werden nervös. Na ja, vielleicht nicht alle. Die „Sonstigen“ wohl nicht. Aber bei den anderen wächst die Unruhe. Die SPD will, ja muss besser abschneiden als die gut 28 Prozent unter Ollenhauer, damit nicht nur sie selbst sich noch als Volkspartei wahrnimmt, die Grünen wollen sich über die zehn schleichen, die Linke fände zehn Prozent auch schon ein gutes Ergebnis. Bleiben CDU und CSU, genannt „Union“, trotz aller Meinungsunterschiede; und die FDP, die immer dazugewonnen hat in den Jahren, jetzt aber dringend den Ruf der „Fast-Dran-Partei“ loswerden will. Gerade sie, Union und FDP, werden genau beobachtet, ob ihnen wieder, wie 2005, die Luft ausgeht; und zwar auf den letzten Metern, die auch diesmal entscheidend werden.

Und wenn das so ist, wenn nichts bliebe als eine Dreiparteienkoalition – was dann? Dann müssen Grüne und FDP doch ran. Denn es ist unverständlich, dass die beiden nicht miteinander arbeiten können sollen. Oder wollen. Wegen persönlicher Animositäten? Das ist unpolitisch. FDP und Grüne sind die eigentlichen bürgerlichen Parteien, nicht spießbürgerlich, sondern mit einem Gesellschaftsentwurf und einer Anhängerschaft, deren Vorstellungen konsensfähig in der Mitte der Gesellschaft sind. Die einen kommen vom Progressiven, die anderen vom Konservativen, und das im Wechsel; es gibt genügend Themen, bei denen Grüne die (Wert-)Konservativen sind. Das Reformerische vergangener Jahrzehnte, das früher „Linksliberale“, findet sich auch hier und dort. Und was innovative Wirtschaftspolitik angeht: Der Grüne Fritz Kuhn könnte den Freidemokraten schon passen. Da ist viel Potenzial. Politisch wäre es, das gemeinsam zu nutzen. Zusammen ergäbe es eine große liberale, nein, nicht Fraktion, aber Sektion. Eine Beunruhigung in dem Sinn täte der Union gut.

Praktische Liberalität setzt voraus, dass der, der sie übt, einen Bewusstseinsstand erreicht hat, der sich über das im tiefsten immer noch gängige Freund-Feind-Schema erhebt. Wenn FDP-Chef Guido Westerwelle sagt, das Freiburger Programm von 1971 sei die „Achse der Partei“, dann ist jetzt die Zeit, es als Antrieb zum Aufbruch zu begreifen. Vorfahrt für Vernunft, gewissermaßen. Die Grünen, voran Parteichefin Claudia Roth, werden schon verstehen. Roth war mal Jungdemokratin und ihr Vater in der FDP.

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