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Meinung: Vorstand legt vor

Von Alfons Frese

Der Präsident des deutschen Maschinenbaus hätte besser geschwiegen. Er äußerte die Erwartung, bei der IG Metall werde es bald „einen großen Andrang“ von Unternehmen geben, die eine „ähnliche Regelung wie DaimlerChrysler anstreben wollen“. Genau das befürchtet die IG Metall. Und genau deshalb wird sie niemals dulden, dass bei Daimler-Chrysler Tarifverträge unterlaufen werden. Ausgerechnet Daimler-Chrysler: Der Konzern verdient mit Mercedes jedes Jahr Milliarden; nicht selten sind diese Milliarden dann von Führungskräften verzockt worden. So erging es Edzard Reuter mit dem zusammengekauften „integrierten Technologiekonzern“ und seinem Nachfolger Jürgen Schrempp mit seiner „Hochzeit im Himmel“, der Fusion mit Chrysler. Da ist es doch schön, wenn die Vorstandsmitglieder der Daimler-Chrysler AG ihren Untergebenen nun Verzichtsbereitschaft signalisieren. Das Kalkül: Wenn der Spitzenmanager freiwillig zurücksteckt, dann kommt der Mann an der Linie nach vorn und spendet auch.

Die konfliktstarken Mercedes-Mitarbeiter wird das kaum beeindrucken. Sie verstehen sich als Speerspitze der Arbeitnehmer, und sie werden das hohe Gut, das sie im Laufe der Jahrzehnte entwickelt haben, den Tarifvertrag, bis zum letzen Schraubenschlüssel verteidigen. Das ist auch in Ordnung. Doch seit fünf Monaten gibt es einen Tarifvertrag, der Abweichungen erlaubt. Zum Beispiel dann, wenn es um Investitionen geht. Bei Daimler-Chrysler geht es um Investitionen in Produktionskapazitäten für das nächste Modell der C-Klasse. Dabei ist der Blick nach Bremen völlig legitim, weil im dortigen Werk jedes Auto um rund 500 Euro günstiger produziert wird als in Sindelfingen. Das wären schlechte Unternehmer im Daimler-Vorstand, wenn sie aus dieser Differenz keine Konsequenzen zögen. Aber die süddeutschen Mercedes-Werker lassen sich nicht erpressen. Sie wollen überzeugt werden und etwas bekommen für ihr Einlenken. Der Verzicht der Manager hat dabei nur symbolischen Wert. Wichtiger ist die langfristige Sicherung von Investitionen am Standort und damit von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Wenn das gewährleistet ist, kann sich niemand um einen Kompromiss herumdrücken.

Seiten 1 und 15

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