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Meinung: Warum denn gleich in die Luft gehen

Neues vom Berliner Flughafenprojekt. PDS und SPD haben sich gestern verständigt, wie es weiter gehen soll.

Neues vom Berliner Flughafenprojekt. PDS und SPD haben sich gestern verständigt, wie es weiter gehen soll. Sie verraten aber noch nicht, auf was sie sich geeinigt haben. Zweite Neuigkeit: Wir kennen nun Einzelheiten aus einem neuen, erweiterten Privatisierungsangebot des Konsortiums aus Hochtief und der IVG, der Industrie-Verwertungsgesellschaft Bonn. Die Verbesserungen sind substanziell und nähern sich wieder jenen Werten, die bereits im Vertragsangebot von Hochtief aus dem Jahre 1999 enthalten waren. Damals hatte das Oberlandesgericht Brandenburg die Auftragsvergabe jedoch gestoppt und die Hereinnahme der IVG in die Bietergemeinschaft verlangt.

Die neue Sitaution gefällt vermutlich vor allem dem Land Brandenburg, denn alleine die Erhöhung der jährlichen Erbpacht von einer auf 20 Millionen Euro ist ein willkommener Beitrag für die Not leidende Kasse. Auch die Steigerung des Kaufpreises von 50 auf 240 Millionen Mark ist bemerkenswert. Auf der anderen Seite zeigt die jetzt wieder geplante kontinuierliche Anhebung der Passagiergebühren, dass IVG und Hochtief auch auf der Einnahmenseite an alten Ideen und Erkenntnissen anknüpfen. Ein Vorwurf ist den Unternehmen daraus nicht zu machen. Ihr legitimes Ziel ist es, Gewinne zu erwirtschaften. Die Konkurrenzfähigkeit des neuen Flughafens wird durch eine Passagiergebühr freilich nicht erhöht. Bereits jetzt wirbt der Flughafen Schkeuditz um die Berliner - und verlangt keine derartigen Gebühren.

Die Verhandler der öffentlichen Hand müssen nach wie vor darauf achten, dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. Diese Gefahr ist aber noch nicht gebannt. Die Privatisierer wollen den neuen Flughafen Schönefeld erst 2011 eröffnen. Sie unterfüttern diese gestreckte Perspektive mit Zahlenmaterial einer Lufthansatochter, die erst von diesem Jahr an eine Zahl von jährlich 20 Millionen Passagiere ab und nach Berlin sieht. Nun ist Realitätssinn eine lobenswerte Eigenschaft. Und vielleicht muss der neue Flughafen ja auch nicht gleich so groß werden. Berliner Planungen krankten ja lange gerade an ihren Luftschlossdimensionen. Diesmal muss man freilich aufpassen, dass es nicht umgekehrt läuft. Das Konsortium fordert auf der einen Seite einen Freibrief, den neuen Flughafen erst 2011 eröffnen zu dürfen. So kann es die Mittel für den Neubau strecken und spart erhebliche Finanzierungskosten. Andererseits verfügten die neuen Betreiber aber vom Moment der Privatisierung an über die Einnahmen aus den bestehenden drei Flughäfen. Tegel ist inzwischen, vom Ertrag her, eine echte Milchkuh geworden. Der Verkehr, der dort bis 2011 nicht mehr verkraftet werden kann, wird nach Tempelhof und Schönefeld-Alt umgelenkt und poliert dort die Bilanzen auf. Wenn das Konsortium also jetzt über seine nach wie vor ungedeckten Risiken bei der Privatisierung klagen sollte, muss es auf diesen Zusammenhang hingewiesen werden. Möglicherweise kann es das Kapital für den Neubau zu einem ganz erheblichen Teil vorher verdienen und muss entsprechend viel weniger Kredite aufnehmen.

Berlin und Brandenburg verhandeln nun weiter. Vor allem den Brandenburgern wird das gefallen. Die gestreckte Bauzeit kommt ihnen entgegen. Mit einem Groß-Flughafen haben sie, anders als die Berliner, nichts im Sinn. Was das Land Berlin von der Einigung zwischen PDS und SPD hat, würden wir freilich nun auch gerne erfahren.

Gerd Appenzeller

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