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Meinung: Was Berlin teilt

Die Bürger finden Klaus Wowereits Stil gut, aber nicht die Politik seines Senats

Der Mann kommt an, daran gibt es keinen Zweifel mehr: 44 Prozent der Befragten haben in einer Infratest-dimap-Umfrage für den Tagesspiegel ihre Zufriedenheit mit Klaus Wowereits Außendarstellung ausgedrückt. Und neun Prozent sind offenbar richtig glücklich mit dem Vormann des rot-roten Senats in Berlin. Das ist nicht bloß deshalb bemerkenswert, weil vor ein paar Wochen des Regierenden Bürgermeisters Reiselust und seine Fiesta mexicana sogar in der SPD kräftig kritisiert worden sind. Wowereit hat sozusagen die Zukunft auf seiner Seite: Es sind gerade die jungen Berliner, die seinen Stil mögen, und Wowereit lässt keine Gelegenheit aus, die Jugendlichkeit der Stadt als ihr wichtigstes Merkmal darzustellen. Wowereit und die Jugend – das passt.

Wichtiger an der Sympathiewelle für Wowereit ist aber das, was sie an Zweifeln und Skepsis überspült: Über drei Viertel der Befragten glauben nicht an das, was dieser Regierende Bürgermeister doch auch personifizieren will – sie glauben nicht an die Sparpolitik und eine wenigstens langfristig wirkende Schuldenminderung.

Oder steht Wowereit gar nicht für den Senat und seine Sparpolitik, sondern eher daneben? Steht er bloß für ein Image der Stadt, das mit Jugendlichkeit und Hipness und einem freundlichen Lachen in trüben Spätherbst-Tagen zu tun hat? Auf den zweiten Blick zeigt die Umfrage, wie ratlos viele angesichts der Berliner Politik sind. Die Form kommt an, der Inhalt nicht. Ein netter Stadt-Kommunikator schwebt über einem Senat, dessen Ehrgeiz unglaubwürdig wirkt. Erstarkt da die Opposition? Bei der Sonntagsfrage bekommt die CDU 33 Prozent, sie liegt acht Prozent vor der Regierungspartei SPD. Doch wer ist damit gemeint? Die FDP mit ihrem durchdringenden Fraktionschef Martin Lindner kommt auf sieben Prozent. Das macht vierzig Prozent – und genau so viel schaffen SPD und PDS gemeinsam.

Die Berliner Grünen mit ihrem deutlichen Linksdrall zeigen, dass Berlin noch immer und wahrscheinlich für sehr lange Zeit eine Stadt mit einer strukturellen linken Mehrheit ist. Doch diese linke Mehrheit wirkt wie richtungslos: Ihre Redner bekräftigen die Notwendigkeit des Sparens und Sanierens – ihre Anhänger und Wähler halten die Konzentration aller Kräfte auf diese Idee für illusorisch. Da passt etwas ganz grundsätzlich nicht. Und nichts deutet darauf hin, dass sich daran bald etwas ändert.

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