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Meinung: Was heißt hier Strafe?

Von Frank Jansen

Abdelghani Mzoudi wird Deutschland verlassen. Das ist eine gute Nachricht. Ein Ausländer, der eine Kampfausbildung in einem AlQaida-Camp genossen hat, stellt eine Gefahr für die innere Sicherheit dar, der sich ein Land nicht aussetzen sollte. Aber es ist auch eine gute Nachricht, dass Mzoudi die Republik als freier Mann verlässt. Die Justiz hat dem öffentlichen Druck widerstanden, einen Terrorverdächtigen schon auf den Verdacht hin jahrelang einzusperren. Der Bundesgerichtshof rief am Donnerstag nochmal der Öffentlichkeit zu, dass die Grundprinzipien des Rechtsstaats auch in Zeiten des Terrors nicht angetastet werden dürfen. Mit einem ähnlichen Tenor hatte der BGH im März 2004 das überzogene Hamburger Urteil gegen den mit Mzoudi befreundeten Mounir al Motassadeq kassiert. Die Signale aus Karlsruhe sind klar: Eine Amerikanisierung des Umgangs mit dem Recht gibt es mit diesem Bundesgerichtshof nicht.

Daraus lässt sich allerdings kein Vorwurf an Generalbundesanwalt Kay Nehm ableiten, er habe gegen Mzoudi und Motassadeq aufgebauschte Anklagen erhoben. Das Strafgesetzbuch bietet mit dem Paragrafen 129a ein Instrument zur Bekämpfung des Terrors, das schon früh im Vorfeld eines Anschlags greift. Davon hat Nehm zu Recht Gebrauch gemacht bei zwei Islamisten, die enge Kontakte zu drei Selbstmordpiloten des 11. September unterhielten. Dass die Anklage im Fall Mzoudi erfolglos blieb und auch im Motassadeq-Prozess ein Freispruch möglich zu sein scheint, ist für den Generalbundesanwalt bitter, aber hätte er von vornherein auf die Verfahren verzichten sollen?

Paradoxerweise haben Nehm ja gerade diejenigen im Stich gelassen, die eine verschärfte Gangart gegen den Terror fordern. Bis heute verweigern die USA die Befragung inhaftierter Al-Qaida-Mitglieder, die etwas über Mzoudi und Motassadeq sagen könnten. Nehm bekam auch ohne eigenes Zutun Probleme, als der Verfassungsschutz 2003 bekannt gab, der Terrorangriff auf die USA sei nicht 1999 in Hamburg geplant worden, sondern etwas später in Afghanistan. So bedauerlich es auch sein mag, dass zwei mutmaßliche Terrorhelfer nicht bestraft werden konnten – wichtiger ist, dass der Rechtsstaat sich nicht verbogen hat.

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