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Meinung: Was man hineinrief, schallt nun heraus

„Es brennt ihnen auf den Nägeln / Die Eliten stehen bei Sarrazin gegen die Bürger“ von Alexander Gauland vom 6. September Ich weiß nicht, in welchem Wolkenkuckucksheim Herr Gauland die letzten 40 Jahre seines Lebens zugebracht hat.

„Es brennt ihnen auf den Nägeln / Die Eliten stehen bei Sarrazin gegen die Bürger“ von Alexander Gauland vom 6. September

Ich weiß nicht, in welchem Wolkenkuckucksheim Herr Gauland die letzten 40 Jahre seines Lebens zugebracht hat. Im Alltag der Bundesrepublik Deutschland oder West-Berlins offenbar nicht; sonst könnte er nicht einen angeblichen Gegensatz zwischen „Eliten“ und „Bürgern“ konstatieren. Ich habe die Debatte nicht nur interessiert verfolgt, sondern hatte als Lehrer und Gewerkschaftsfunktionär mit dem Thema praktisch zu tun, auch mit dem was die „Eliten“ dazu beizutragen hatten. Waren es nicht diese „Eliten“, die dem „Bürger“ über Jahrzehnte eingehämmert haben, Deutschland sei kein Einwanderungsland? Waren sie es nicht – in Medien, Politik und Verwaltung –, die dann elegant umgeschwenkt sind auf die stereotype Wiederholung des Satzes: „Die müssen aber Deutsch lernen“. Waren es nicht dieselben „Eliten“, die viel Gehirnschmalz darauf verwendet haben, diese beiden Leitsätze in zahllosen Varianten zu wiederholen und in die Medien zu drücken?

Leider blieb dann wohl im Arbeitsspeicher der Superhirne kein Raum mehr für die Frage, wie denn Migrantenkindern Deutsch beigebracht werden kann, wie man Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache ausbildet und wie man es schafft, trotz der juristischen Winkelzüge und Schnurrpfeifereien der Verwaltungselite genügend Lehrkräfte mit Migrationshintergrund auszubilden und einzustellen.

Die Mehrheit der „Eliten“ hat den Bürgern vermittelt, man solle und könne ohne Einwanderung auskommen und die bereits Eingewanderten wieder loswerden. Und es würde nichts kosten. Da kann sich ja höchstens Herr Gauland wundern, dass es jetzt aus dem Wald herausschallt, wie man jahrzehntelang hineingerufen hat.

Und was die gern beschworene deutsche Leitkultur betrifft – ich weiß zwar nicht, was das ist, aber ich weiß ganz sicher eines: ich möchte nicht, dass diese „Eliten“ sie definieren. Dann wandere ich aus.

Thomas Isensee, Berlin-Charlottenburg

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