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Meinung: Was nicht geht

Von Stephan-Andreas Casdorff

So weit ist es gekommen: Der Kanzler geht auf Abstand zum Volk. Der soll ihn schützen vor einer auch körperlichen Konfrontation mit den Gegnern seines Kurses. Was verständlich ist. Aber erstens wäre es aus Gründen der Sicherheit dann schon besser gewesen, darüber nicht laut zu reden. Zweitens klingt es nach einem Lamento. Drittens werden die Demonstranten diesen Eindruck verbreiten: Da will sich einer nicht stellen, sich wegducken. Dabei müsste es umgekehrt sein. Und dafür wiederum muss das gesamte Kabinett mit Schröder an der Spitze im Land Gesicht zeigen, mit vollem Einsatz begründen, warum die Politik nur so richtig ist. Alles andere ist ja auch unlogisch, jedenfalls dann, wenn stimmt, was behauptet wird: Dass die HartzReformen der größte Sozialumbau in Deutschland seit Bismarck sind.

Und erst recht, wenn einer wie DGB-Chef Michael Sommer sagt, dass die Reformen ein Verarmungsprogramm für Hunderttausende seien. Dagegen muss die Regierung angehen, denn Sommer ruft mit solchen Sätzen die Massen erst auf die Straßen. Aber wollten die Gewerkschaften nicht (auch aus eigenem Interesse) ihre betonharte Haltung aufgeben, mindestens dialogbereit sein? So wird nichts daraus. So wird es vielmehr eine weitere Verhärtung geben, bis hin zu dem Punkt, wo sich die politische und die gewerkschaftliche Interessenvertretung nichts mehr zu sagen haben. Das wäre ein historischer Bruch. Wer aus diesen Reihen die Verantwortung dafür tragen will, soll sich erklären.

Es ist ein gefährlicher Punkt, an dem die Gesellschaft angekommen ist. Der Kanzler darf nicht zurückweichen, die Gewerkschaften müssen sich zurücknehmen. Alles andere führte zu einem sozialen Flächenbrand. Da hilft nichts außer: Reden. Begründen. Und aufeinander zugehen. Konsens ist kein Schimpfwort. Noch haben die Menschen einen Funken Vertrauen in die Volksvertreter. Noch ist es nicht zu spät.

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