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Meinung: Was Wissen schafft: Importstopp für Embryos!

Wolfgang Clement hat es gut gemeint mit seinen Bonner Wissenschaftlern. Und obendrein ist er im Recht: Das Embryonenschutzgesetz untersagt zwar die Herstellung von Embryos zu Forschungszwecken, der Import jedoch ist nicht ausdrücklich verboten - und damit schlicht und einfach erlaubt.

Wolfgang Clement hat es gut gemeint mit seinen Bonner Wissenschaftlern. Und obendrein ist er im Recht: Das Embryonenschutzgesetz untersagt zwar die Herstellung von Embryos zu Forschungszwecken, der Import jedoch ist nicht ausdrücklich verboten - und damit schlicht und einfach erlaubt. Da auch keine Meldepflicht besteht, forscht die eine oder andere deutsche Firma möglicherweise längst an importierten embryonalen Zellen. Diese Lücke ist einer der vielen Gründe, warum das Embryonenschutzgesetz dringend erneuert werden muss, darüber sind sich alle einig. Die Frage ist nur, ob sie geschlossen oder zum Königsweg für deutsche Stammzellforscher erweitert werden soll.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik In dieser Lage kann gut gemeintes Pochen auf geltendes Recht ein grober Fehler sein. Auch in der Sache ist Clements Eile unangebracht. Es stimmt zwar, dass die drei Institute, die weltweit embryonale Stammzellen hergestellt haben, sich vor Kooperationsanträgen kaum retten können. Um eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Universität in Haifa anzubahnen, die eine der begehrten Zelllinien besitzt, benötigen deutsche Forscher jedoch nicht Clements Unterstützung, im Gegenteil: Im weltweiten Netz der Wissenschaft sind fachliche Reputation und persönliche Beziehungen wichtig; ohne sie ist politische Schützenhilfe zwecklos, möglicherweise sogar suspekt.

Viel weiter kämen die Bonner Forscher mit den Embryos aus Israel ohnehin nicht, selbst wenn ihr forscher Landesvater sie gleich eingesteckt hätte. Die DFG will die Entscheidung des Nationalen Ethikrates abwarten, bevor sie Mittel für die Embryonenforschung bewilligt. Und dann fangen die wissenschaftlichen Probleme erst an: Die komplizierte Gewinnung von embryonalen Stammzellen gelingt nicht immer. Auch ist größtenteils noch unklar, wie humane Stammzellen dazu gebracht werden können, sich zu bestimmten Körperzellen zu entwickeln - sicher ist nur, dass es nicht genauso funktioniert wie bei den Mäusen, die in Deutschland bisher untersucht wurden.

Schließlich muss das Kardinalproblem der immunologischen Abstoßung gelöst werden, damit embryonale Stammzellen für die Therapie am Menschen eingesetzt werden können. Damit Deutschland in der humanen Stammzellforschung wettbewerbsfähig wird, reichen ein paar importierte Embryos nicht aus. Um hier Fuß zu fassen, müssen Arbeitsgruppen aus verschiedenen Fachrichtungen auf breiter Front forschen: Das kostet viel Geld, viel Zeit - und viele Embryos.

Auch ethische Gründe sprechen dagegen, die deutsche Forschung vom Embryo-Import abhängig zu machen. Rohstoff für die wertvolle Ware sind abgetriebene Embryos oder künstlich befruchtete Eier, die operativ aus den Eierstöcken entnommen wurden. Wie dies geschieht, ist in armen Ländern nicht kontrollierbar - der globale Schwarzhandel mit Wildtieren, Organen und Kindern wäre um eine Ware bereichert. Doch selbst der Import aus reichen Ländern ist kein ethisches TÜV-Abzeichen: Nahe bei Haifa leben sechs der etwa 30 Kinder, die durch eine gentechnische Manipulation Erbanlagen von drei Eltern in sich tragen. Wie erst jetzt bekannt wurde, haben die US-Erfinder des Verfahrens eine wichtige Nebenwirkung verschwiegen: Zwei von 17 Befruchtungen führten zu einer sonst äußerst seltenen Erbkrankheit, dem Turner-Syndrom. Eine Schwangerschaft endete mit Abort, die andere durch Abtreibung - womit die Methode als frei von Nebenwirkungen galt. Die "Babys mit den drei Eltern" dürften allerdings trotz der Lücke im Embryonenschutzgesetz nicht einfach nach Deutschland importiert werden: Da sie streng genommen "gentechnisch veränderte Organismen" sind, unterliegen sie den Einfuhrbeschränkungen des Gentechnikgesetzes.

Der Autor ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle.

Alexander S. Kekulé

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