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Was WISSEN schafft: Mister Q, übernehmen Sie!

Die Körperscanner sind zwar ungefährlich, aber auch sinnlos

Bei James Bond funktionierte der Trick schon vor Jahren. In „Die Welt ist nicht genug“ sieht der Geheimagent seinem ahnungslosen Gegenüber mit einer Röntgenbrille unter die Kleidung – natürlich nur, um nach versteckten Waffen zu suchen. Im wirklichen Leben ist es nicht ganz so einfach, Menschen virtuell zu entblößen. Die „Nacktscanner“ der neuesten Generation haben die Größe von Telefonzellen und kosten rund 140 000 Euro. Seit dem missglückten Flugzeugattentat von Detroit versprechen sich Politiker und Sicherheitsexperten von den monströsen Maschinen einen besseren Schutz vor Terroranschlägen. Kritiker warnen dagegen vor Gesundheitsschäden und einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.

Beide Gegenargumente sind allerdings leicht zu entkräften. Die an einigen europäischen Flughäfen im Probeeinsatz befindlichen Geräte arbeiten mit elektromagnetischen Terahertz-Wellen. Diese haben ähnliche Eigenschaften wie Wärmestrahlung, sind aber energieärmer als Infrarot und deshalb auf normalen Wärmekameras nicht sichtbar. Bei den üblichen „aktiven“ Scannern wird der Passagier kurz angeleuchtet, ähnlich dem Rotlichtblitz einer Verkehrskamera. Bei den „passiven“ Terahertz-Scannern, die allerdings weniger detaillierte Bilder liefern, wird nur die vom Körper ohnehin abgegebene Wärmestrahlung gemessen. Eine Gesundheitsgefährdung ist bei beiden Systemen praktisch ausgeschlossen.

An US-Flughäfen sind auch sogenannte „Backscatter“-Scanner im Einsatz. Sie arbeiten mit sehr schwachen Röntgenstrahlen, die zwar Kleidung durchdringen, aber von der Körperoberfläche großenteils zurückgeworfen werden. Die reflektierte Röntgenstrahlung bildet deshalb den Menschen ab, als sei er nackt. Röntgenstrahlen sind zwar energiereicher als Licht und wirken „ionisierend“, das heißt sie können chemische Reaktionen im menschlichen Körper auslösen. Allerdings entspricht die Strahlendosis eines Ganzkörperscans (0,1 Mikrosievert) der Höhenstrahlung, der man auf Reisehöhe eines Passagierjets pro Minute ausgesetzt ist. Bei einer Röntgenaufnahme der Zähne wird mindestens die zweihundertfache, beim Lungenröntgen die zwanzigtausendfache Strahlendosis verabreicht. Selbst ein flächendeckender Einsatz der Geräte an allen Flughäfen würde theoretisch nur einige wenige zusätzliche Krebserkrankungen in der Gesamtbevölkerung verursachen. Das individuelle Risiko wäre, selbst bei Vielfliegern, nicht messbar erhöht.

Auch die Privatsphäre wird durch die Körperscanner nicht mehr verletzt, als dies bei den Kontrollen ohnehin schon der Fall ist. Die an Flughäfen eingesetzten Geräte analysieren das Bild automatisch und zeigen auf einem Piktogramm schematisch an, wo sich ein verdächtiger Gegenstand befindet – die von den Prototypen bekannten „Nacktbilder“ werden nicht mehr dargestellt. Zwar wird eine Prothese oder ein künstlicher Darmausgang regelmäßig Alarm auslösen, sodass eine Nachkontrolle durch Abtasten notwendig wird. Jedoch spüren bereits heute die Metalldetektoren gelegentlich Intimpiercings und Prothesen auf, persönliche Gegenstände im Handgepäck werden auf großen Monitoren zur Schau gestellt.

Höchst fraglich ist allerdings, ob Körperscanner mit der heute verfügbaren Technik mehr Sicherheit bringen: Der Attentäter von Detroit hatte 80 Gramm Sprengstoff in der Unterhose. Wenn er einen Scanner passieren müsste, hätte er ihn eben im After gehabt. Um die 200 Gramm lassen sich im Enddarm problemlos verstauen – sollen deshalb an den Flughäfen Endoskope installiert werden?

Für die Terrorabwehr müssen die Menschen ohnehin schon erhebliche Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit hinnehmen, gerade im Flugverkehr. Wenn demnächst noch die Körperscanner piepen, weil sie einen alten Kaugummi in der Hosentasche oder eine Gummieinlage im Büstenhalter gefunden haben, gibt es noch längere Schlangen an den Sicherheitskontrollen und noch mehr Verspätungen.

Mister Q, James Bonds genialer Erfinder, hätte da längst etwas Besseres gebastelt: Einen Terahertz-Scanner, der zugleich eine Spektralanalyse durchführt und nur auf Sprengstoffe anspricht. So ein Gerät – das theoretisch möglich ist – würde jedenfalls keinem die Zeit stehlen.

Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Mikrobiologie in Halle. Foto: J. Peyer

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