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Mehr für andere tun - nicht nur mit Geschenken und nicht nur zu Weihnachten.

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Weihnachten: Heute gib was!

Die individualethische Dimension des Handelns – jeder kennt sie, jeder weicht ihr aus. Maß zu halten und ein Augenmerk für andere zu haben, das alles lässt sich einfach fordern, ist aber eine horrende Herausforderung. Darin liegt allerdings auch eine Chance.

Die Weihnachtszeit – jetzt sagen wieder alle, sie sei doch auch die Zeit der Besinnlichkeit. Und wie erleben wir sie? Viele von uns im Familienkreis, und die Witze darüber, wie es nach einigen Tagen des Zusammenseins ist, wie man einander auf die Nerven geht, sind Legion. Wunderbare Sketche zum Heiligen Fest zeigen den manchmal unheiligen Furor, der ausbrechen kann. Das Fest bloß nicht überhöhen, heißt das. Nicht zu ernst nehmen, das ganze Brimborium. Sind doch auch nur ein paar freie Tage.

Ach, wie falsch das doch im Grunde ist. Besinnung, die aus der Stimmung der Besinnlichkeit folgt: Es geht nicht um die plötzliche Heiligwerdung jedes Einzelnen, nicht darum, Zusammengehörigkeit oder Freundschaft zu heucheln, wo sie gar nicht zu Hause ist. Das trägt nicht lange. Aber schon dem Heucheln liegt die Erkenntnis zugrunde, dass beides nötig zu sein scheint, sogar nötig ist: Zusammengehörigkeit und Freundschaft, damit eine Gesellschaft funktioniert. Denn ohne den Versuch, Zusammengehörigkeit zu stiften und Freundschaft zu erfahren, fällt jede Gesellschaft, ob groß oder klein, ins – hart gesprochen – Rudelhafte zurück. Der Mensch als des Menschen Wolf? So aufgeklärt müssen wir sein, das nicht mehr zuzulassen, mit aller Anstrengung, die es bedeuten kann. Auch Anstrengung an Contenance, die nicht Heuchelei ist. Denn: Die Erfahrung vieler, dass der ärgste Feind des Menschen der Mensch sei, ist gerade dieser Tagen die Überlegung wert, wie man darüber hinauskommen könnte. Durch Besinnung, gerade auch im Handeln.

Und aufs richtige Handeln. Weil Politiker auch bloß Menschen sind und viele regierende gerade ausdrücklich christlich orientiert, sei’s an dieser Stelle gesagt: dass sie selbst, jeder für sich, ihr bestes Führungsinstrument sind, um die Gesellschaft zu verbessern. Das wäre dann sogar nachhaltig, um der Politik ihr Modewort zu entwenden. Im persönlichen Verhalten beginnt es. „Wo die Achtsamkeit für die Konsequenzen des eigenen Handelns fehlt, zerfällt das Gemeinwohl“, hat Altbischof Wolfgang Huber vor Jahresfrist gepredigt, und hinzugefügt: „Wo es an Zuwendung zum Mitmenschen mangelt, zerbrechen tragende Gewissheiten.“ Was drastisch klingt, ist doch nur wahr. Und immer noch nicht Allgemeingut.

Die individualethische Dimension des Handelns – jeder kennt sie, jeder weicht ihr aus. Maß und Mitte zu halten und dazu ein Augenmerk für andere zu haben, das alles lässt sich einfach fordern, ist aber eine horrende Herausforderung. Darin liegt allerdings die Chance. Wer sich vom wahren, vom wirklich stattfindenden Leben berühren lässt, wer es durch Miterleben bei anderen an sich heranlässt, der kann mit sich selbst besser in Einklang kommen, weil er sieht, was wirklich zählt. Mit diesem Wissen, einer neuen Stärke, kann man zugleich mehr für andere tun.

Das gilt, genauso, für die Politik. Die Regierenden müssen wieder, sagen wir es besinnlich, Freundschaft mit dem Leben schließen, um sie dann auch wieder mit den Wählern schließen zu können. Wir trauen ihnen doch oft nicht mehr zu, noch zu wissen, wie das Leben wirklich aussieht. Stuttgart 21 ist der Fall des Jahres – und Wegweisung fürs nächste: Die Entfremdung vom Wesen des Politischen, der res publica, muss mit der Besinnung aufs Wesentliche beantwortet werden.

Politiker sind auch nur Menschen. Res publica, das hat mit uns zu tun. Darum verlangen wir von uns selbst zuerst, uns so zu verhalten, dass wir keinem Schaden zufügen. Manchmal hilft es ja schon, sich an Weihnachten nicht auf Teufel komm raus zu streiten.

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