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Meinung: Wem zum Vorteil?

Von Charles A. Landsmann

Logisch und daher nicht überraschend: Für die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas angeordnete Verschiebung der Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat PLC – vom 17. Juli vermutlich auf November – gibt es mehr als nur einen Grund. Nachdem die kürzlichen Kommunalwahlen eine massive Stärkung der oppositionellen Hamas und darüber hinaus einen eindeutigen Trend zugunsten der Radikalislamisten aufgezeigt hatten, musste Abbas die Notbremse ziehen, wollten er und seine nationalistische FatahBewegung nicht die Macht im Noch-Nicht-Staat Palästina verlieren. Was gleichbedeutend gewesen wäre mit der erneuten Verschiebung der Ausrufung Palästinas als unabhängiger Staat.

Abbas befürchtete amerikanischen Widerstand gegen sein Vorhaben – zu Unrecht, wie er bei seinem Besuch in Washington erfuhr. George W. Bush und seine Außenministerin Rice ziehen eine Wahlverschiebung allemal einer Islamisten-Herrschaft in Palästina vor. Abbas erhofft sich vom Mitte August anlaufenden israelischen Abzug aus dem Gazastreifen einen deutlichen Meinungsumschwung zu seinen Gunsten, da er diesen als Resultat seiner gemäßigten politischen Linie zu präsentieren gedenkt. Demgegenüber wird Hamas versuchen, Israels Truppenrückzug als Flucht vor dem gewaltsamen Widerstand und damit als eigenen militärischen Sieg darzustellen.

Unbeantwortet bleibt damit die Frage, wem – Fatah oder Hamas – Israels Rückzug an der Wahlurne wirklich nützen wird. Sicher steht aber fest, dass die Fatah mit der Wahlverschiebung Zeit gewinnt, um die eigenen Reihen zu organisieren und sich auf attraktivere Kandidaten als bisher zu einigen. An Jassir Arafats Geburtsdatum, dem 4. August, soll der seit Jahren überfällige Fatah-Kongress abgehalten werden, an dem die Gremien der Bewegung neu gekürt werden, die wiederum danach die Kandidatenlisten zusammenstellen. Es ist anzunehmen, dass dann zwar nicht der eigentlich notwendige Generationenwechsel vollzogen wird, es aber immerhin zu einer Blutauffrischung kommt und sich damit die Wahlaussichten der Fatah verbessern.

Gelingt es Abbas und seinen Leuten gar noch, die Wahlgesetze so zu ändern, dass die Parlamentarier nicht nur in Wahlkreisen, sondern zur Hälfte auch über landesweite Parteilisten gewählt werden, könnten sie noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen. Der demokratische Staat Palästina erhielte eine vielleicht letzte Chance.

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