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Meinung: Weniger Macht den Müttern

Die Schwelle für Vaterschaftstests muss gesenkt werden – ein lebenskluges Urteil

Die Macht der Mütter schrumpft, und das ist gut für Vater, Mutter, Kind. Karlsruhe hat entschieden, dass der Gesetzgeber die Schwelle zum Vaterschaftstest senken muss, der bisher von der Zustimmung der Mutter abhängig ist. Das ist lebensklug. Aber ein negatives Testergebnis muss nicht zwingend die rechtliche Vaterschaft beenden, haben die Verfassungsrichter hinzugefügt. Das ist salomonisch.

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß: Diese Empfehlung, wie mit der in früheren Zeiten unsicheren Vaterschaft umzugehen sei, gilt nicht mehr. Seit ein schneller Gentest die Ungewissheit beseitigen kann, verschaffen sich zweifelnde Väter Klarheit. Eine technische Entwicklung hat den biologischen Vorteil der Frauen – die Mutter steht fest, der Vater ist unsicher – unwiderruflich ausgehebelt.

Bin ich wirklich der Vater oder ist es ein anderer? Diese Frage ist so existenziell, dass es zu würdelosen Heimlichkeiten geradezu einlädt, wenn die beteiligte Mutter ihre Zustimmung zur Klärung verweigert. Wenn der heimliche Test hinter dem Rücken der Kinder wirksam verboten sein soll, dann müssen rechtliche Wege gefunden werden, um die Vaterschaftsklärung nicht ausgerechnet von der Person abhängig zu machen, die handfeste, nämlich Unterhaltsinteressen hat. So viel zum lebensklugen Teil des Karlsruher Urteils.

Salomonisch ist es deshalb, weil es die rechtliche und soziale Vaterschaft ausdrücklich nicht mit dem Gentest erledigt. Warum denn wollen zweifelnde Väter Gewissheit haben? Es entspringt einem alten Bild, dass hier vorwiegend unterhaltsscheue Männer am Werke sind. Viele aber wollen sich durch den Test der Vaterschaft vergewissern; für sie bricht eine Welt zusammen, wenn sie das Gegenteil erfahren.

Wann und warum Zweifel überhaupt aufkommen, können nur die jeweils Beteiligten wissen. Es kommt der Kinder wegen vor – aber kein Staat kann verordnen, dass Betroffene ihn unterdrücken. Kinder sind einem schleichenden Gift ausgesetzt, wenn eine solche Ungewissheit zwischen den Eltern steht. Und einer Katastrophe, wenn er heimlich und mit den unvermeidlich folgenden Kraftproben ausgetragen wird. Vor allem für die Kinder ist es gut, wenn Zweifel dieses Gewichts ohne Heimlichkeit ausgeräumt werden können. Und nur so bleibt auch im Fall des negativen Tests der Weg zu einer Beziehung zwischen einem Mann und dem Kind offen, dem er bisher der Vater war – und manchmal weiter bleiben will.

Deshalb stärkt Karlsruhe nicht nur Väter und Kinder, sondern eben auch die Mütter. Er ist doch eine gefährliche Waffe, der Zweifel an der Vaterschaft, den Frauen immer auslösen können. Das Gericht hat sie entschärft. Nunmehr herrscht Gleichberechtigung beim Wissen über die Elternschaft. Bei den Männern wird sich einstellen, was Frauen längst vorgemacht haben: Mehr Rechte schaffen mehr Verantwortungsgefühl. Und das ist gut für Vater, Mutter, Kind.

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