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Meinung: Wenn die Milch sensibel wird

Von Dagmar Dehmer

Frankreich hat ein Herz für Entwicklungsländer. Zumindest versteht es der französische Präsident, Jacques Chirac, sich immer wieder entsprechend in Szene zu setzen. Doch wenn es darum geht, den Entwicklungsländern auf dem europäischen Markt bessere Chancen zu eröffnen, ist es mit den französischen Freundlichkeiten schnell vorbei. Vor allem Frankreich sträubt sich dagegen, EUAußenhandelskommissar Pascal Lamy und EU-Agrarkommissar Franz Fischler einen vernünftigen Verhandlungsspielraum zu lassen, um die festgefahrene Welthandelsrunde doch noch zu retten.

Fischler weiß, dass er den Entwicklungsländern ernsthafte Angebote machen muss. Schließlich stellen sie die Mehrheit der nunmehr 147 Mitglieder der WTO. Deshalb will Fischler sämtliche Exportsubventionen für Agrarprodukte streichen. Vor allem Frankreich geht das zu weit. Weitere acht EU-Staaten wollen zudem für aus ihrer Sicht „sensible Agrarprodukte“ Ausnahmen aushandeln. Nur sollen diese „sensiblen Produkte“ ausgerechnet Rindfleisch, Milch und Zucker sein – Erzeugnisse, an denen die Bauern der Dritten Welt verdienen könnten. Das ist den Entwicklungsländern beim besten Willen nicht als Fortschritt zu verkaufen. Im Handelsstreit mit den Entwicklungsländern geht es schließlich vor allem um in der EU hochsubventionierte Produkte wie Zucker. Auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat seinen Versuch nicht aufgegeben, um einen besseren Zugang für Industrieländer zu den Märkten in Entwicklungsländern zu kämpfen, vor allem für Dienstleistungen. Die WTO-Konferenz im Herbst in Mexiko ist auch daran gescheitert, dass die Entwicklungsländer darüber nicht verhandeln wollten, bevor es Fortschritte in den Agrargesprächen gibt. Wer etwas haben will, muss etwas geben. Wenn die Europäer sich diese Einsicht nicht zu eigen machen, werden sie künftig vom Freihandel nicht noch mehr profitieren können. Dann nämlich, wenn die Welthandelsrunde ihretwegen scheitert.

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