zum Hauptinhalt

Meinung: Wer bietet weniger

Von Moritz Döbler

Steueroptimierung nennen die Controller in international tätigen Unternehmen den Versuch, so wenig Steuern zu zahlen wie möglich. Die Bedingungen in verschiedenen Ländern werden miteinander verwoben und geschickt genutzt. Unterstützung dürften die Unternehmen dabei schon bald vom Europäischen Gerichtshof erhalten. In einer Vorentscheidung empfahl Generalanwalt Manuel Poiares Maduro, unter Umständen die Verrechnung von Verlusten ausländischer Tochtergesellschaften mit Gewinnen im Inland zu erlauben. In der Regel folgen die Straßburger Richter der Empfehlung.

Hans Eichels Argument, damit drohten unkalkulierbare Haushaltsrisiken, wischte Maduro vom Tisch. Aber er gab eine Einschränkung vor: Lassen sich die Verluste auch am Sitz der ausländischen Töchter in gleicher Weise verrechnen, dann sollte das dort geschehen.

Kurzfristig könnte das für Bund, Länder und Kommunen bedeuten, dass sie in den kommenden Jahren noch weniger Steuergelder einnehmen werden. Zumal das Urteil rückwirkend gelten wird. Daher gibt es in dieser Frage auch keine Parteigrenzen.

Längerfristig aber geht es darum, wie viel Steuern Unternehmen im europäischen Binnenmarkt zahlen. Die Bemühungen von Deutschland und Frankreich um Steuerharmonisierung innerhalb des 25-Nationen-Gebildes haben bisher nicht viel gebracht. Schon bei dem Wunsch nach einer einheitlichen Bemessungsgrundlage – also dass alle EU-Länder wenigstens dasselbe unter Unternehmensgewinnen verstehen – kommt man nicht voran.

Wenn die EU-Länder sich nicht einig werden, richtet am Ende der Wettbewerb. Das zeigt sich spätestens seit der EU-Erweiterung. Denn ob man das gut findet oder nicht: Steuern gehören zu den Kriterien, anhand derer über Standortfragen entschieden wird. Ein aktuelles Beispiel: Der Lkw-Hersteller MAN plant ein neues Werk, im Rennen sind zwei Standorte in Polen, einer in der Slowakei und einer in Ungarn, aber keiner in Deutschland. Solche Fakten werden das deutsche Steuersystem verändern – die Unternehmensteuern werden sinken, die Regeln werden einfacher. Über kurz oder lang, so oder so.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false