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Meinung: Wer demokratisiert Putin?

RUSSISCHER PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDAT VERMISST

Iwan Rybkin ist verschwunden. Dass aus dem Politkrimi ein Mordfall mit Verbindungen in den Kreml wird, das wäre zwar denkbar – Rybkin ist einer der Gegenkandidaten Wladimir Putins bei der Präsidentenwahl in fünf Wochen und hat Putin soeben „korrupt“ genannt, einen „Staatsverbrecher“. Aber wahrscheinlich ist diese Variante nicht. Dass viele sie für möglich halten, ist gravierend genug. Und sagt alles über den Stand der russischen Demokratie. Der Kreml rächt sich oft an unbotmäßigen Kritikern. Vor der Parlamentswahl wurde der Ölprinz Chodorkowskij eingelocht, der Financier der demokratischen Parteien – prompt verpassten die den Wiedereinzug in die Duma. Unliebsame Medien werden wegen angeblicher Steuervergehen verfolgt. Rybkin ermorden zu lassen, hat Putin nicht nötig; der hätte keine Chance gegen ihn. Überhaupt ist Russland nicht die Ukraine, wo manches darauf hindeutet, dass Präsident Kutschma mit dem Mord an dem Journalisten Gongadse zu tun hatte. Moskau hat ausgeklügeltere Methoden, hinter einer scheindemokratischen Fassade die diktatorische Herrschaft zu festigen. Wie lange will der Westen noch gute Miene zum bösen Spiel machen, nur weil er Moskau im Kampf gegen den Terror braucht? USAußenminister Powell hat vor zwei Wochen in Moskau offen seine Besorgnis geäußert. Joschka Fischer reist am Donnerstag hin. Vielleicht sollte er seinen Vorschlag einer transatlantischen Initiative für Demokratie für den Nahen Osten auf Russland erweitern. cvm

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