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Er prägt den Auftritt der Partei: FDP-Chef Christian Lindner.

© dpa

Wie liberal sind die Grünen?: Gelb passt nicht zu Grün

Grüne Realpolitiker wollen die FDP beerben – doch dort ist wenig zu holen. Denn von ihren Milieus her trennt beide Parteien einiges. Die Liberalen wiederum haben mit der AfD noch ganz andere Probleme.

Von Hans Monath

Es war nur eine kleine Meldung, aber in der Parteizentrale der Grünen löste sie Panik aus. Als vor einigen Jahren eine sozialwissenschaftliche Untersuchung zu dem Schluss kam, die Wähler der Grünen verfügten unter denen aller Parteien über die höchsten Einkommen, monierten Mitglieder der Grünen-Führung aus dem linken Spektrum sofort methodische Mängel und attackierten die Aussage. Diesen Spitzenplatz wollten die politischen Vertreter des gut situierten Bildungsbürgertums unbedingt der FDP überlassen. Reich sein und grün sein – im Selbstbild der Ökopartei passt das nicht zusammen.

Auch wenn ein hoher Bildungsgrad und der höchste Prozentsatz an Parteianhängern in Führungspositionen des öffentlichen Dienstes den Grünen-Wählern auf ganz natürliche Weise ein gutes Durchschnittseinkommen bescheren – ein weit höheres jedenfalls als den Wählern der ungeliebten Volksparteien. An diesem Wochenende hatte der linke Flügel der Grünen wieder allen Grund, sich gehörig zu erschrecken. Denn ausgewiesene Realpolitiker aus den Ländern wie Tarek Al-Wazir aus Hessen und Dieter Janecek aus Bayern warben laut dafür, das Erbe der FDP zu übernehmen und die Grünen als liberale Partei in der politischen Mitte zu positionieren. Grüne vom linken Flügel aber würden lieber mehrere Spinnen hintereinander essen als miterleben zu müssen, wie ihre Partei in die Nähe der verachteten Liberalen gerückt wird.

Auf den ersten Blick scheint die Anhänger von FDP und Grünen viel zu verbinden – vor allem, wenn man auf die Einkommensverhältnisse schaut. Mit gutem Grund gab der Parteienforscher Franz Walter vor vier Jahren seinem Buch über diese beiden Kräfte den Untertitel „Kleine Parteiengeschichte der besserverdienenden Mitte in Deutschland". Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Manchmal bestimmt das Sein dann doch nicht das Bewusstsein. Zwischen keinen anderen deutschen Parteien wechseln so wenig Wähler wie zwischen Grün und Gelb. Die politischen und wirtschaftspolitischen Überzeugungen der Sympathisanten stammen aus getrennten Welten.

Ein Gefühl des gegenseitigen Fremdseins

Das zeigt sich bei der Einstellung zu Staatsaufgaben, Leistung und Gemeinsinn, Atomkraft oder Mindestlohn. Laut Franz Walter wuchs eine ganze Generation von späteren Liberalen und späteren Grünen im Gefühl des gegenseitigen Fremdseins auf: „Auf den Schulhöfen standen die beiden Gruppierungen sorgfältig getrennt in verschiedenen Ecken.“

Die Beobachtung gilt auch noch für die Nachfolger von Jürgen Trittin und Guido Westerwelle: Während sich der junge Christian Lindner mit seinem Porsche eine Rennfahrerlizenz erfuhr, engagierte sich die junge Katrin Göring-Eckardt im Arbeitskreis solidarische Kirche. Auch diese beiden hätten sich in der großen Pause wohl wenig zu sagen gehabt. Den Porsche hat der FDP-Chef längst verkauft, die Probleme seiner Partei ist er damit nicht los geworden. Es ist auch nicht die Konkurrenz der Grünen, die den auf drei Prozent geschrumpften Liberalen nun zu schaffen macht – viel gefährlicher ist für sie die AfD. Eigentlich müssten auch die Realpolitiker wissen, dass bei der FDP für die Grünen wenig zu holen ist. Weshalb ihr Vorstoß in Wirklichkeit als Appell an die eigene Partei zu lesen ist, von der Verbotspolitik endgültig Abschied zu nehmen.

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