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Meinung: Wie wir lernten, Peter Scholl-Latour zu lieben

Es mag am Veröffentlichungstermin liegen, einer April-Ausgabe, vielleicht auch an einer gewissen Ermüdung, Deutschlands großen Publizisten und Welterklärer Peter Scholl-Latour zu diesem und jenem Thema seit Jahrzehnten in aller Ausgiebigkeit hören und lesen zu müssen. Und doch ist das, was der 83-Jährige nun in „Cicero“ zum Besten gibt, mehr Wert als nur das betretene Schweigen, das bislang auf seinen Vorschlag folgte.

Es mag am Veröffentlichungstermin liegen, einer April-Ausgabe, vielleicht auch an einer gewissen Ermüdung, Deutschlands großen Publizisten und Welterklärer Peter Scholl-Latour zu diesem und jenem Thema seit Jahrzehnten in aller Ausgiebigkeit hören und lesen zu müssen.

Und doch ist das, was der 83-Jährige nun in „Cicero“ zum Besten gibt, mehr Wert als nur das betretene Schweigen, das bislang auf seinen Vorschlag folgte. Denken wir also mal darauf herum auf dem, was Peter Scholl-Latour da fordert: den Bau einer deutschen Atombombe.

Ein Hirngespinst eines senilen Dr. Seltsam? Könnte man annehmen – träfe der Vorschlag nicht auf eine Mode in konservativen Kreisen, die sich unter Franz Josef Strauß in den 50er Jahren entfaltete und mit einer Idee des Ex- CDU-Verteidigungsministers Rupert Scholz 2006 nur ein vorläufiges Ende fand. Grundgedanke all dieser Begehrlichkeiten ist die Sehnsucht, die deutsche Sicherheit nicht von den ungeliebten Amerikanern abhängig zu machen, sondern selbst einen Schirm zu errichten, der uns Exportweltmeister ein für alle mal sicher machen soll vor Terroristen, russischen Ölerpressern, störrischen Polen – und dem Franzosen an sich, dem man ja eigentlich auch nicht trauen kann.

Dass man dabei den gleichen Irrtümern wie denen der Konservativen in den USA aufsitzt, scheint die Atom-Fans wenig zu stören. Vor 17 Jahren, kurz nach dem Mauerfall, hatte der Doyen der sogenannten Neorealisten, John J. Mearsheimer , in seinem Essay „Back to the Future“ die Rückkehr nationalstaatlicher Denkmuster in Europa vorausgesagt – und die nukleare Bewaffnung Deutschlands prophezeit. Dass es dazu nicht gekommen ist – und hoffentlich auch nie kommen wird – liegt ja gerade an dem nuklearen Paradoxon: Gerade weil die USA Deutschland nuklear schützen, gerade weil die deutsche Sicherheit in der Nato gewährleistet wird, kann das Land in Ruhe die Welt mit Autos und Maschinen versorgen – und nebenbei den Mittler spielen (Merkel in Nahost) und das Weltgewissen artikulieren (Schröder zum Irak). Wie soll das je mit einer deutschen Bombe gehen?

Links zu den zitierten Beiträgen unter www.tagesspiegel. de/meinung

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