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Meinung: „Wir werden siegen“

Sein Name steht auf keinem Stimmzettel. Formal gesehen steht er gar nicht zur Wahl.

Sein Name steht auf keinem Stimmzettel. Formal gesehen steht er gar nicht zur Wahl. Und doch jettet der Präsident in diesen Tagen kreuz und quer durch die USA: als sein eigener Wahlkämpfer. Die Demokraten wollen die „mid term election“ zu einem Referendum über George W. Bush machen. Auch für ihn hat die Kongresswahl zur Mitte seiner Amtszeit strategische Bedeutung. Verlieren seine Republikaner die Mehrheit im Parlament, wird der Texaner vollends zur „lame duck“. Dann sitzt er zwar noch im Weißen Haus, kann aber in den verbleibenden zwei Jahren wenig bewegen. Dies ist seine letzte große Schlacht um das Vertrauen der Bürger, sein letzter Wahlkampf. Für republikanische Nachfolgekandidaten 2008 kann er als scheidender Präsident im Schatten des Irakdebakels genauso wenig tun wie der vom Lewinsky-Skandal belastete Bill Clinton 2000 für Al Gore.

Bush krempelt die Ärmel hoch, schüttelt Hände, attackiert die Demokraten und erntet Beifall, zu Wochenbeginn im Süden, in Georgia und Texas, gestern im Nordwesten, in Montana. Sein Kampfgeist ist atemberaubend. Zwei Drittel der Amerikaner sind unzufrieden mit ihm, der Irakkrieg ist besonders unpopulär. Bush führt dennoch Wahlkampf mit Irak. „Die Demokraten wollen raus aus Irak. Wir wollen siegen im Irak“, das sei der Unterschied. „Wenn die Demokraten an die Macht kommen, gewinnen die Terroristen und Amerika verliert.“ Man kann das blinde Sturheit nennen. Viele fasziniert jedoch, wie fest der Mann zu seinen Überzeugungen steht.

Sein Aktionsfeld ist freilich begrenzt. Republikaner in besonders umkämpften Wahlkreisen mit vielen moderaten Wechselwählern bitten ihn, bloß ja nicht zu kommen. Es würde ihnen schaden, mit ihm gesehen zu werden – die Fotos wären Kampfmaterial für die Konkurrenz. Das gilt vor allem an der Ost- und der Westküste, auch in Teilen des mittleren Westens. Im Süden dagegen und im weiten Land im Norden zwischen den Großen Seen und den Rocky Mountains ist Bush ein Wählermagnet. Seine Wahlkampfdollars nehmen auch jene gern, die sich nicht mit ihm blicken lassen wollen. Bush, sein Vize Dick Cheney und seine Frau Laura sind die besten Spendeneintreiber der Republikaner.

Der Wahlkämpfer Bush erinnert an Gerhard Schröder und Helmut Kohl. Auch die galten in Umfragen als sichere Verlierer und haben die Lage noch gedreht. Täglich motiviert Bush in Schaltkonferenzen die Wahlhelfer: Noch ist nichts verloren, auch die Wahl 2004 wurde in den letzten 72 Stunden entschieden. Seine Gegner plagt die Angst, dass dies nicht nur Zweckoptimismus ist, dass er ein Ass im Ärmel hat oder Politmagie im Spiel ist.

In vier Tagen wird Amerika erfahren, wie weit der Zauber noch reicht.

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