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Meinung: „Wir wollen eine Fusion unter Partnern“

Nervös dürfte Reto Francioni am Mittwoch in der Frankfurter Jahrhunderthalle vor seine Aktionäre treten. Denn der Chef der Deutschen Börse AG muss auf der Hauptversammlung erklären, warum der Finanzplatz Frankfurt im Fusionspoker der Börsenplätze ins Hintertreffen geraten ist.

Nervös dürfte Reto Francioni am Mittwoch in der Frankfurter Jahrhunderthalle vor seine Aktionäre treten. Denn der Chef der Deutschen Börse AG muss auf der Hauptversammlung erklären, warum der Finanzplatz Frankfurt im Fusionspoker der Börsenplätze ins Hintertreffen geraten ist. Nachdem die New Yorker Stock Exchange (Nyse) ein offizielles Übernahmeangebot für die europäische Vierländerbörse Euronext (Paris, Brüssel, Amsterdam, Lissabon) gemacht hat, ist Francioni in Erklärungsnöten – denn mit Euronext würden auch die Deutschen gerne fusionieren. Was wird aber aus Frankfurt, wenn Nyse und Euronext fusionieren? Droht dem deutschen Börsenplatz die Isolation, wenn das transatlantische Bündnis zustande kommt?

Der diskrete Schweizer Francioni ist eigentlich kein Mann der lauten Töne. Anders als sein von Heuschrecken aus dem Amt gejagter Vorgänger Werner Seifert tritt der passionierte Freizeitangler eher zurückhaltend auf. Aber dass jetzt Nyse-Chef John Thain mit dem exzentrischen Euronext-Präsidenten Jean-Francois Theodore exklusiv verhandeln will, dürfte auch Francioni aus der Ruhe bringen. Denn es geht in diesem Fusionsspiel um mehr als nur persönliche Eitelkeit. Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden und nicht zuletzt die Politik fürchten, dass die Deutsche Börse künftig in ihrem Wachstum gebremst werden könnte. Schließlich ist auch die Londoner Börse, Europas größter Finanzplatz, für die Deutschen unerreichbar geworden, seitdem Hedge-Fonds entsprechende Übernahmepläne torpedierten.

Eigentlich verdankt Francioni, der zwischenzeitlich Chef des deutschen Online-Brokers Consors war, den mächtigen Fonds, dass er Chef der Deutschen Börse ist. Als Vize des geschassten Ex-Vorstands Seifert war der 50-jährige Schweizer erste Wahl. Francioni, der seine Karriere 1986 im Börsengeschäft der heutigen Schweizer Credit Suisse begann, ist gut in der Börsenszene vernetzt, glaubwürdig und er gilt als Teamarbeiter. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, warum er sich am vergangenen Freitag auf ein neues, konzilianteres Angebot zur Übernahme der Euronext entschied. Die Deutschen seien an einer „Fusion unter Partnern“ interessiert, hieß es. Ob Teamgeist oder Anbiederung – Francioni setzt auf die Lernfähigkeit der Franzosen. Denn kaum ein Beobachter bezweifelt, dass ein Bündnis aus Deutscher Börse und Euronext für die Europäer sinnvoll wäre.

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