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Wirtschaftselite: Horch, Guck und Hör AG

Telekom, Bahn, Deutsche Bank: Die Wirtschaftselite muss die Allmachtsphantasien allzu vieler ihrer Repräsentanten endlich in den Griff bekommen.

Es ist was faul in Deutschlands Chefetagen. Offenkundig zählen die Grundsätze guter Unternehmensführung, die die Manager in Sonntagsreden für sich reklamieren, im Alltagskampf um Macht und Einfluss wenig.

Das war bei der Telekom so, wo bei der Suche nach vermeintlichen Lecks Aufsichtsräte und Journalisten ausgespäht wurden. Und das war bei der Deutschen Bahn so, die mit ihren Datenabgleichen nicht nur mehrfach die komplette Konzernbelegschaft unter Korruptionsverdacht stellte, sondern auch den E-Mail-Verkehr überwachen und private Kontobewegungen einzelner Mitarbeiter ausspionieren ließ. Hier lässt sich der Umfang der Rechtsverstöße schon gar nicht mehr feststellen, weil der oberste Korruptionsbekämpfer klammheimlich auch noch jene Datenbank löschen ließ, in der alle Ermittlungsaktivitäten seiner Abteilung erfasst waren.

Parallel zur Ausforschung der Mitarbeiter versuchte die Bahn in großem Stil, die Öffentlichkeit zu manipulieren. Über einen millionenschweren Vertrag mit einem Lobby-Unternehmen gab das staatseigene Unternehmen PR-Artikel zur eigenen Image-Pflege in Auftrag, die dann verdeckt vor allem in Internet-Medien platziert wurden. Betroffen davon war im Mai 2007 auch der Tagesspiegel. Ebenso gab der Konzern verdeckte Leserbrief-Kampagnen in Auftrag und beteiligte sich über die Agentur an Internet-Foren zur Bahn. Bei Spiegel-Online etwa sollen in drei Foren zu Problemen der Bahn gut ein Viertel aller Beiträge verdeckt von dieser Agentur platziert worden sein.

Nach einem schlechten Krimi klingt auch das, was derzeit aus der Top-Etage der Deutschen Bank verlautet. Danach wurden hier von der Konzernsicherheit bis zum Jahr 2006 Detektive gleich auf mehrere Vorstandsmitglieder und mindestens ein Aufsichtsratsmitglied angesetzt. Es ging dabei um vermutete Kontakte zu vermeintlichen Konzernkritikern, denen man auf die Spur kommen wollte. Die Vorstandsverantwortung für die Aktivitäten der Sicherheitsabteilung lag seinerzeit beim heutigen Aufsichtsratschef Clemens Börsig. Ob der sich vor diesem Hintergrund noch lange im Amt halten kann, ist fraglich.

Bereits gehandelt hat der neue Bahn-Chef Rüdiger Grube: Er setzte unmittelbar nach Bekanntwerden der Lobby-Vorwürfe den dafür verantwortlichen Generalbevollmächtigten vor die Tür. Bei der Telekom ermittelt die Staatsanwaltschaft, bei der Deutschen Bank immerhin neben dem Vorstand jetzt auch die Finanzaufsicht. Man darf gespannt sein, was dabei heraus kommt – und in welchem Umfang die Öffentlichkeit jeweils über die Ermittlungsergebnisse unterrichtet wird.

Unabhängig davon muss sich die deutsche Wirtschaftselite fragen, wie sie die Allmachtsphantasien allzu vieler ihrer Repräsentanten endlich in den Griff bekommt. Es kann nicht sein, dass Manager für sich bei der Wahrnehmung ihrer Führungsverantwortung einen quasi rechtsfreien Raum beanspruchen – sie müssen endlich wieder „geerdet“ werden.

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