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Berlin braucht dringend mehr bezahlbare Wohnungen.

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Wohnraum in Berlin: Baut endlich bezahlbare Wohnungen!

Berlin benötigt pro Jahr rund 12 000 neue Wohnungen, um die wachsende Zahl der Menschen zu versorgen. Jetzt muss die Politik endlich handeln. Denn für die Wähler ist eine bezahlbare Wohnung weit entscheidender als alles, was am Oranienplatz passiert.

Wann, wenn nicht jetzt? Die Berufung eines neuen Bau-Staatssekretärs signalisiert, wie schlimm es steht um das für die Berliner wichtigste Vorhaben der SPD-CDU-Koalition. Was ein Befreiungsschlag sein soll, ist das Eingeständnis des verantwortlichen Senators Michael Müller, die selbst gesetzten Ziele verfehlt zu haben. Zur mageren Halbzeitbilanz der Landesregierung gehört, dass die versprochene Wohnungsbau-Offensive nicht in Gang gekommen ist. Nun wird die Zeit knapp.

Schon als die Koalition Ende 2011 antrat, beunruhigten steigende Mieten viele Menschen im ebenso wachsenden wie einkommensschwachen Berlin – seitdem hat sich die Preisentwicklung weiter beschleunigt. Viel zu spät ist jetzt ein Förderprogramm für den Wohnungsbau verabschiedet worden, das mit bescheidenen Mitteln die Miete von jährlich 1000 neu gebauten Wohnungen subventionieren soll. Dabei benötigt man pro Jahr rund 12 000 Wohnungen, um die wachsende Zahl von Berlinern zu versorgen. Bauen tun bislang aber vor allem private Unternehmen – meist im hochpreisigen Sektor, was den Markt nicht entspannt. Die städtischen Wohnungsgesellschaften halten sich dagegen zurück; dort achtet man lieber auf die vom Finanzsenator verordnete Rendite. Übrigens: Auch die Mietpreisbremse der Bundesregierung wird den entfesselten Wohnungsmarkt in Berlin nur langfristig beruhigen können.

Ein durchsetzungsstarker Macher wie der neue Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup ist deshalb besser geeignet, den festgefahrenen Apparat flottzubekommen und Widerstände zu beseitigen, als sein eher moderationsorientierter Vorgänger Ephraim Gothe. Zumal beim Volksentscheid um die Zukunft des Tempelhofer Feldes eine weitere Pleite für die Stadtentwicklungsverwaltung droht. Immer wieder veränderte Bebauungspläne und eine schlechte Kommunikation, wo verlässliche Festlegungen nötig wären, haben das Misstrauen befeuert, nicht nur die Ränder würden mit dringend benötigten Wohnungen bebaut, sondern irgendwann die gesamte Tempelhofer Freiheit. Auch das ist Müllers Verantwortung.

Zwar kann der Senator verbuchen, dass nun eine Zweckentfremdungsverordnung gilt, stadtweit die Mieter zehn Jahre lang Schutz vor Umwandlungskündigungen genießen und Ferienwohnungsvermietung verboten ist. Dies aber hilft eher denen, die schon eine Wohnung haben, als den Berlinern, die eine Unterkunft suchen. Doch ist es weder gelungen, Baugenehmigungen in den Bezirksämtern zu beschleunigen oder die Aufstockung vorhandener Bauten zu erleichtern. Noch kommt die Übernahme des Münchner Modells voran, teure Bauprojekte nur zu genehmigen, wenn ein Teil der Wohnungen günstig vermietet wird.

Der personelle Neustart ist Müllers letzte Karte, seine politische Zukunft zu retten. Und wichtiger: den Knoten zu zerschlagen. Ohne den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der sich bislang nicht sonderlich für Wohnungsbau interessierte, dafür aber zuließ, dass Finanzsenator Ulrich Nußbaum den ungeliebten Kollegen Müller ausbremste, kann das nicht gelingen. Zumal die CDU blockiert, wie beim von der SPD gewünschten Umwandlungsverbot von Mietwohnungen, oder eigene Vorstellungen hat, wie bei der Bebauung von Berlins historischer Mitte. Dabei ist für die Wähler eine bezahlbare Wohnung weit entscheidender als alles, was am Oranienplatz passiert. Das weiß Wowereit; er leitete schließlich mal für die Bundes-SPD die Kommission zur Zukunft der Städte.

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