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Wolfgang Clement: "Deshalb wäge und wähle genau"

Am Montag wird der Rauswurf des SPD-Politikers verhandelt. Vor der Kommission der SPD kann Clement aber auf wichtige Fürsprecher bauen.

Von Robert Birnbaum

Nähme man die aktuellen innerparteilichen Maßstäbe in Hessen zum Vorbild, könnte Wolfgang Clement um sein SPD-Mitgliedsbuch schon mal zum Abschied eine rote Schleife binden. Aber erstens ist der ehemalige NRW-Ministerpräsident und Bundeswirtschaftsminister ein Promi, und zweitens kann er an diesem Montag vor der Bundesschiedskommission der SPD auf wichtige Fürsprecher bauen. Otto Schily hat die Prozessvertretung übernommen, der Parteivorsitzende Franz Müntefering hat sein Kommen angesagt, wenn über den Antrag des Ortsverbands Bochum-Hamme verhandelt wird, Clement aus der Partei zu werfen.

Der Fall ist ja längst mehr als ein normales Parteiordnungsverfahren. Dass Clement mitten im Hessen-Wahlkampf kaum verblümt davon abgeraten hat, SPD zu wählen, ist unstreitig. Das Programm der linken Parteifreunde Andrea Ypsilanti und Herrmann Scheer sei ein Angriff auf die „industrielle Substanz“. Die Hessen schrien auf, sein Bochumer Heimatverband schritt zur Tat. Dass Clement heute Aufsichtsrat beim Energiekonzern RWE ist, ließ die Verbitterung nur größer werden. Ein erstes Schiedsverfahren endete mit einer Rüge, ein zweites vor dem Landesschiedsgericht mit dem Urteil: Parteiausschluss.

Da war der Vorgang schon zur Kraftprobe zwischen Linken und Rechten in der Partei geworden, zwischen Agenda-Gegnern und einem der entschiedensten Verfechter von Gerhard Schröders Reformpolitik. Seit Müntefering an der Parteispitze zurück ist, ist es um diesen Streit viel leiser geworden. Dafür haben sich Ypsilanti und ihr Chefberater Scheer als politische Hasardeure selbst entleibt. Seither stellen sich auch Leute, die auf den Polterkopf Clement sonst nicht so gut zu sprechen sind, die Frage, ob der Mann nicht damals schlicht und einfach recht hatte.

Clement selbst hat seine Nicht- Wahlempfehlung nie zurückgenommen. Er hat nur sein Bedauern ausgedrückt für den Fall, dass sich hessische Parteifreunde in ihren Gefühlen verletzt gefühlt haben sollten. Stur ist er immer gewesen. Sozialdemokrat ist er aber auch immer gewesen, einer dieser Ruhrgebiets-Realos, die Nordrhein-Westfalen jahrzehntelang nach dem Motto regiert haben, dass man sich für Ideologie nichts kaufen kann. Ob diese Jahrzehnte mehr zählen als zwei provokante Absätze in einem Aufsatz, muss das Schiedsgericht entscheiden. Die Signalwirkung seines Spruchs wird es mit bedenken. Robert Birnbaum

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