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Klaus Wowereit beim Besuch der John F. Kennedy Schule.

© dpa

Wowereit und die SPD: Wer dreimal basta sagt

Nicht mit mir! Das hat der Regierende Bürgermeister schon zweimal gesagt. Was ist ein drittes Machtwort wert?

Sparsam muss man damit sein. So ein Machtwort nutzt sich ab. Klaus Wowereit hat es gesagt, als er 2006 bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister unerwartet durchfiel, weil von den Genossen einige bei der geheimen Wahl nicht mitzogen. Ich trete nur noch einmal an, so Wowereits Drohung. Auch beim Thema Autobahnverlängerung teilte er den linken Sozialdemokraten mit: Dann müsst ihr euch einen anderen suchen. Nur Wowereits Machtwort sicherte 2010 eine Parteitagsmehrheit für den umstrittenen Bau der A 100. Was ist ein drittes Machtwort wert?

Die Situation könnte für Wowereit kaum vertrackter sein. Erstmals seit Jahren ist er, angeschlagen durch das Flughafendebakel, nicht mehr beliebtester Politiker. Dass sich zugleich der CDU-Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel, den vor einem Jahr zwei von drei Berlinern nicht kannten, nun mit seiner Politik der ruhigen Hand an der Spitze der Beliebtheitsskala steht, ist ein Vorzeichen für sich verändernde Mehrheiten. Vor allem belastet der hässliche Streit um den SPD-Vorsitz die Position des Regierenden Bürgermeisters. Denn für die Berliner ist Wowereit der SPD-Frontmann, egal, wer offiziell Landeschef ist.

Das Flughafen-Debakel in Bildern:

Was am kommenden Samstag auf dem Parteitag entschieden werden soll, ist nur vordergründig ein Kampf gegen den Amtsinhaber Michael Müller. Der hat seit 2001 als Fraktions- und Landesvorsitzender den von Wowereit vorgegebenen Kurs durchgesetzt. Fällt Müller, ist Wowereits Pufferzone weg. Noch wagt niemand, den Regierenden Bürgermeister zu kritisieren. Ohne die Wahlkampfmaschine Wowereit säße die SPD nämlich nicht seit bald 23 Jahren auf der Regierungsbank. Die Stimmenverluste im Herbst 2011 aber zeigen, dass sich Wowereits Charisma abnutzt.

In diesem Machtkampf gibt es einen Strippenzieher.

Hinter dem Herausforderer Jan Stöß versammeln sich nicht nur die Befürworter eines klaren SPD-Profils gegen den ungeliebten Koalitionspartner CDU, sondern auch jene einer künftigen Machtordnung, die gegen Wowereit zielt. Gewarnt ist er, seit Ende 2011 jeder fünfte Delegierte gegen eine Koalition mit der CDU stimmte, obwohl es keine Alternative gab. Auch seine vorsichtige Positionierung gegen Stöß zeigte keinerlei Wirkung. Dabei haben die Kritiker bisher keine inhaltlichen Angebote gemacht, die die SPD in der Wählergunst stärken könnten. Mag sein, dass der Strippenzieher in diesem Machtkampf, Fraktionschef Raed Saleh, darauf spekuliert, 2016 der erste Regierende Bürgermeister mit Migrationshintergrund zu werden. Doch Wowereit regiert seit 12 Jahren vor allem deshalb, weil honoriert wird, dass er hart arbeitet, sachkundig und volksnah ist.

Die Pflichten eines Bürgermeisters:

Für Wowereit sind alle Perspektiven gleichermaßen problematisch. Seine Autorität ist angeschlagen, der Machtkampf schwächt die SPD, sie ist zerrissen und aufgewühlt, und egal, wer gewinnt, keiner wird eine überzeugende Mehrheit hinter sich haben. Da gibt es am Ende nur wenige Sieger, aber viele Verlierer.

Am Abend nach dem Parteitag, beim „Rosenball“ der deutschen Schlaganfall- Stiftung, wird Wowereit wissen, wie blumig seine Aussichten sind. Ohne Müller ist er ein Bürgermeister auf Abruf, seiner Partei in gegenseitigem Misstrauen verbunden. Das könnte Wowereit dann doch dazu bringen, zum dritten Mal Basta zu sagen – mit allen Konsequenzen.

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