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WTO-Verhandlungen: Warten auf den Weltbürger

Die Handelsrunde ist gescheitert – den Klimaverhandlungen droht das gleiche Schicksal. Ein Weltbürger muss ins Weiße Haus einziehen.

Falls der nächste Präsident der USA Barack Obama heißen sollte, wird man ihn beim Wort nehmen müssen. Als „stolzer Bürger der USA und als Weltbürger“ präsentierte er sich vor 200 000 Menschen an der Siegessäule. Und genau das ist zumindest eine der Voraussetzungen, um die Welthandelsgespräche irgendwann irgendwie zum Erfolg zu führen: einen Weltbürger im Weißen Haus.

Es ist leicht, in den Chor derer einzustimmen, die sich über das Scheitern der Verhandlungen in dieser Tage Genf beklagen. Es ist leicht, aber es ist trotzdem richtig. Denn für ein friedliches Nebeneinander auf diesem Planeten wäre mehr Chancengleichheit wichtig. Zum Beispiel müssten die Bauern der armen Staaten leichteren Zugang zu den Märkten der Welt finden. Das hilft ihnen und uns allen.

Handel ist besser als Krieg – und wer wüsste das besser als die Deutschen: Einst hat unser Land den schlimmsten Krieg der Menschheitsgeschichte vom Zaun gebrochen, und heute ist unser Land Exportweltmeister. Es ist kein Zufall, dass auch die deutsche Industrie das Scheitern der Gespräche beklagt. Handelsschranken verringern Umsatz und Gewinn.

Ein Weltbürger im Weißen Haus wird allerdings kaum reichen. Denn in Genf haben China und Indien ihr wachsendes weltpolitisches Gewicht gezeigt. Als sich Schutzklauseln für ihre Bauern nicht durchsetzen ließen, haben diese beiden Schwellenländer die schon greifbar nahe Einigung platzen lassen. Indien und China haben nicht vor den USA gekuscht.

Das ist so verständlich wie alarmierend. Denn in der zunehmend komplexen globalisierten Welt müssen multilaterale Lösungen gefunden werden. So sagen es Obama und Angela Merkel, so ist es aber auch. Eine demokratisch gewählte Weltregierung bleibt ferner als die fernsten Utopien, wenn selbst schon das vergleichsweise kleine Gebilde der Europäischen Union sich selbst in die Handlungsunfähigkeit manövriert.

Weil das so ist, müssen die großen Themen der Menschheit in einzelnen Abkommen global verhandelt werden. Die Doha-Runde – benannt nach dem ersten Verhandlungsort in Katar – sollte die Handelsinteressen von mehr als 150 Staaten unter einen Hut bringen. Sieben Jahre haben nicht gereicht, um das zu schaffen, und das ist eine entscheidende Niederlage für den multilateralen Ansatz. Denn im nächsten Jahr kommen die Mitglieder der Vereinten Nationen in Kopenhagen zusammen, um das Weltklima zu retten. Ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll soll geschlossen werden.

Die Klimaverhandlungen und auch die Handelsrunde müssen am Ende erfolgreich sein. Da gibt es für die Menschheit keine Wahl. Aber nach der Niederlage von Genf sind noch mehr Geduld und Beharrlichkeit nötig. Ein Weltbürger muss ins Weiße Haus einziehen, und mag er auch John MacCain heißen. Und auch Indien muss im nächsten Jahr wählen. Und dann sehen wir weiter.

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