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Meinung: Wunderbar, aber falsch

Von Ursula Weidenfeld

Was haben der vormalige Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU), sein Nachfolger Walter Riester (SPD) und der gescheiterte frühere Chef der Nürnberger Arbeitsagentur, Florian Gerster (SPD), gemeinsam? Jeder von ihnen hatte einmal eine gute Idee. Sie hieß Kombilohn. Sie wurde zum Gesetz erhoben. Sie wurde abgeschafft. Wieder neu erfunden, wieder zum Gesetz erhoben. Und wieder abgeschafft. Gerade jetzt wird die gute Idee wieder neu erfunden. Vielleicht wird sie zum Gesetz erhoben. Erfolgreich wird sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt deshalb aber nicht.

Die Idee ist richtig. Für viele Menschen lohnt es sich nicht, eine schlecht bezahlte Arbeit zu übernehmen, weil sie staatliche Unterstützungsleistungen verlieren. Würde der Staat sie weiter unterstützen, obwohl sie arbeiten, könnten viele von ihnen zu niedrigeren Löhnen beschäftigt werden. Das zeigen die Mini- und Midi- und Ein-Euro-Jobs – die in ihren Wirkungen kaum anders funktionieren als ein Kombilohn-Modell. Ein staatlich unterstützter Kombilohnbereich würde schlecht bezahlte Arbeit in Deutschland erträglich machen – und er würde dafür sorgen, dass diese Arbeit legal erledigt würde.

Warum die Idee in Deutschland – im Gegensatz zu den USA – trotzdem nicht funktioniert? Weil der Kombilohn hier immer noch als Extra-Instrument auf die Sozialhilfe oder das Arbeitslosengeld II und auf die geltenden Tariflöhne aufgerechnet wird, statt an ihre Stelle zu treten. Deshalb gibt es eine Menge unerwünschter Effekte: Im regulären Niedriglohnbereich steigt der Anreiz, sich um einen gestützten Job zu bemühen – zum Beispiel Normalarbeitsverhältnisse in Minijobs umzuwandeln. Arbeitslose, die tüchtiger werden und aus der Stütze herauswachsen, kann es so kaum geben: Wer zu fleißig wird, wird entweder durch Verlust des Arbeitsplatzes oder durch eine Kürzung des Nettolohns bestraft. So aber würde der Kombilohn ein Instrument, um subventionierte Teilzeitbeschäftigungen dauerhaft zu etablieren. Es sei denn, die gute Idee würde diesmal richtig angepackt: Das hieße, das gesamte Arbeitsmarktinstrumentarium noch einmal zu reformieren und auch die Tarifpolitik einzubeziehen. Dazu indes fehlt allen Beteiligten die Lust.

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