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Meinung: Zeit für die Zugabe

Selbstgefällig und lustlos: Klaus Wowereits Senat kommt aus der Lethargie nicht heraus

Sieben Städte, weltweite Aufmerksamkeit. Was für ein Event: in London, Sydney, Rio de Janeiro, New Jersey, Johannesburg, Tokio und Schanghai will Live Earth am 7. Juli vor dem Klimakollaps warnen. Zwei Milliarden Menschen werden Madonna, Bon Jovi, Genesis oder Bloc Party sehen. Berlin ist nicht dabei. Dafür aber Hamburg. Jetzt sind es eben acht Städte.

Man hatte es ahnen können. Als das Projekt bekannt wurde, winkte die Landesregierung schnell ab. Die sieben Städte stünden schon fest; man werde aber mittun, falls die Veranstalter anfragen würden. Taten die bloß nicht. Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust ließ sich aber von derart schlechter Ausgangslage nicht beeindrucken und griff zum Telefon. Erfolgreich, wie man sieht.

Was ist ein Konzert, wird man im Roten Rathaus denken. Die Musik spielt eh in der Hauptstadt. Es läuft ja richtig gut: Beim Bau des Stadtschlosses geht es voran, der Hauptstadtumzug geht im Stillen voran und der Wirtschaftsaufschwung hat endlich Berlin erreicht. Und weil die Steuereinnahmen derart üppig sind, wird Berlin vielleicht schon ab 2008 keine neuen Kredite aufnehmen müssen. Wer hätte das noch vor kurzem gedacht.

Was macht der Senat aus all dem? Kaum etwas und wenig aus eigenem Zutun. Und damit wird das zu früh verloren gegebene Live-Earth-Konzert zum Symptom für den derzeitigen Zustand von Rot-Rot. Selbstgefällig, lustlos und auf andere Ziele orientiert. Die Koalition ist seit der Wahl im Herbst 2006 aus der politischen Lethargie nicht herausgekommen. Abgearbeitet wird, was schon in der letzten Wahlperiode beschlossen war vom Großflughafen bis zum Schlossneubau. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bringt seine Biografie heraus und plant im Übrigen seine Kandidatur für den Stellenleiterposten im SPD-Bundesvorstand. Das soll reichen. Reicht das? Hat Berlin nicht nach den Zeiten des Sparens Anspruch darauf, das der Senat jetzt neue Strategien und Ziele formuliert, um Berlins Zukunft in Wohlstand zu sichern?

Den Attacken einer gemeinsam auftretenden Opposition steht der Senat sehr hilflos gegenüber. CDU, Grüne und die FDP führen ihn ein ums andere Mal vor: bei der Ehrenbürgerwürde für Wolf Biermann, beim Kampf gegen die Schließung des Flughafens Tempelhof und jüngst bei der gescheiterten Besetzung des Landesverfassungsgerichts. Als die Opposition einen Hauptstadtkongress organisierte, um über Berlins Chancen zu beraten, lehnte der Senat es ab, daran teilzunehmen. Da wundert nicht, dass dem CDU-Herausforderer Friedbert Pflüger mehr Wirtschaftskompetenz zugestanden wird als Klaus Wowereit.

Der verlässt sich derzeit auf sein Glück. Doch Glück hat der Tüchtige. Oder der, der auch mal zum Telefon greift und kämpft, wenn es aussichtslos scheint. Was mit Hans im Glück geschah, wissen wir.

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