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Meinung: Zocken, bis der Bürger zahlt

Ratingagenturen warnen: Auch deutsche Banken müssen um ihre Bonitätsnoten fürchten

Transparenz ist immer gut. So gesehen ist es hilfreich, wenn die Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor’s jetzt deutlich machen, dass einige deutsche Banken um ihre guten Bonitätsnoten fürchten müssen. Besser, man öffnet die Giftschränke frühzeitig, damit nachher niemand sagen kann, er habe nichts gewusst.

Wer die Entwicklung der vergangenen Tage verfolgt hat, wird sich über die strengen Urteile der Agenturen nicht wundern. Ein Schuldenschnitt in Griechenland steht bevor – mit gravierenden Folgen für die Geldhäuser, die Forderungen und Anleihen abschreiben müssen. Stecken sich andere Schuldenstaaten bei den Griechen an, könnte es noch ungemütlicher werden, auch für Deutsche Bank & Co. Je nachdem, wie dick die Eigenkapitaldecke der Banken künftig sein soll, könnte eine Lücke von bis zu 220 Milliarden Euro entstehen. Zweifelhaft, ob die Häuser sie aus eigener Kraft schließen können. Das alles hat sich herumgesprochen, die Ratingagenturen tun deshalb nur, was ihre Aufgabe ist.

Eine andere Frage ist, warum die Risiken, vor denen Fitch und S&P warnen, überhaupt so groß werden konnten, dass wieder die Steuerzahler dafür zahlen müssen. Denn klar ist, dass „der Markt“, die Aktionäre und Boni-Empfänger – die man zuerst zur Kassen bitten will – die Rekapitalisierung der Banken nicht stemmen werden.

Warum eigentlich nicht? Jene Banken, die lautstark davor warnen, dass so viel Eigenkapital in so kurzer Zeit nicht mobilisiert werden kann, sind an anderer Stelle bei der Kapitalbeschaffung nicht so behäbig. Ein Blick in ihr Portfolio genügt: Dort findet sich ein Universum an Risikopapieren und -geschäften, mit denen die Finanzindustrie – wie schon vor der ersten Finanzkrise 2008/2009 – ein ganz großes Rendite-Rad gedreht hat (oder drehen wollte).

Im krassen Missverhältnis zu diesem Casino auf den Aktien- und Derivatemärkten steht der Leichtsinn im Geschäft mit Staatsanleihen. Sie galten als risikolos, weil der Staat sein Zinsversprechen immer einhalten kann – notfalls mit Hilfe der Gelddruckmaschinen der Notenbank. So glaubte man. Deshalb müssen Banken für Anleihen vermeintlich zahlungskräftiger Staaten wenig oder gar kein haftendes Kapital vorhalten. Doch der fiskalische Spielraum und die Konstruktion der Währungsunion (eine Notenbank für alle) zeigen, dass alte Sicherheiten nicht mehr gelten. Fällt in der Krise ein unsolides Land aus, geraten auch solide Länder ins Gerede – siehe Frankreich und Italien. So drehten die Banken das große Rad der Spekulation nach 2008/2009 einfach weiter. Und sie vertrauten darauf, dass die staatlichen Schuldner schon zahlen. Selbst jene Schuldner, die, wie die Griechen, immer schon als talentierte „Trickser“ galten. Dieses Vertrauen wurde enttäuscht.

Deshalb halten sich die Großbanken an eine andere, letzte Gewissheit: Wenn es schief geht, springt der Steuerzahler ein. Denn niemand will ja, dass „das System“ ein Problem bekommt. Sicher? Nach zwei Finanzkrisen dieser Dimension reift die Erkenntnis, dass das System selbst das Problem ist.

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