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Meinung: Zu vertraulich

Von Christoph von Marschall

Gerhard Schröder hat so seine Erfahrung mit blanko ausgestellten Vertrauensbekundungen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erklärte er seine uneingeschränkte Solidarität mit Amerika. Die bröckelte schon im Krieg gegen Afghanistan, im Irak ging der Kanzler vollends auf Distanz: Abenteuer mache er nicht mit. Und darf er nicht für sich in Anspruch nehmen, dass die Entwicklung ihm Recht gegeben habe? Im Krieg gegen den Terror kam es zu schweren Menschenrechtsverletzungen, von Frieden und Stabilität ist der Irak weit entfernt.

Umso erstaunlicher, wie sich der selbe Kanzler zu Präsident Putins Vorgehen in Tschetschenien einlässt. Schon an der Farce der Präsidentenwahl in Grosny hatte er nichts auszusetzen. Nach dem katastrophalen Ausgang des Geiseldramas in der Schule von Beslan mit mutmaßlich 500 Toten weist er jede Kritik an Moskau zurück. Schröder erklärt seine Solidarität mit einem Russland, das seit zehn Jahren einen brutalen und schmutzigen Krieg führt mit Menschenrechtsverletzungen, die jene in Guantanamo und dem AbuGhraib-Gefängnis in den Schatten stellen. Der Kanzler, der es für richtig hielt, seine Solidarität mit der Bush-Regierung bereits einzuschränken, bevor der Irakkrieg begann mit all seinen Fehlern und Kriegsverbrechen, möchte diesen Vorbehalt gegenüber Putin nicht einmal machen, nachdem der russische Staatsterror im Kaukasus geschehen und allgemein bekannt ist. Das ist schon abenteuerlich, dieses Verständnis, wer Deutschlands Alliierte und Partner sind: Distanz zu einem Amerika, das zwar viele Fehler macht, aber gewiss eine Wertegemeinschaft mit uns bildet. Und Umarmung mit einer russischen Führung, die viele dieser Werte offenkundig nicht teilt, jedenfalls nicht respektiert.

Die tschetschenischen Terroristen und ihre Verbündeten verdienen keinerlei Verständnis. Unsere Solidarität muss den Opfern gelten, der russischen und der tschetschenischen Zivilbevölkerung, die seit Jahren unter Krieg und Terror leiden. Aber Putin? Es stimmt, dass man mit ihm zusammenarbeiten muss, auch gegen den Terror. Ein Gewissen jedoch, das sich wegen amerikanischer Fehler regt, kann zu Russland nicht schweigen. Was ist nur aus dem Anspruch der rot-grünen Außenpolitik geworden, den Menschenrechten mehr Geltung zu verschaffen? Ist diese Regierung auf einem Auge erblindet?

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