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Meinung: Zu viele Fronten

Von Charles a. Landsmann

Mahmud Abbas Schonzeit als neugewählter Palästinenserpräsident ist längst vorbei. Er ist unter Beschuss geraten – durch die eigenen Leute und keineswegs nur mit Worten. Weniger als drei Monate nach seinem überwältigenden Wahlsieg kämpft er um Ansehen, um Glaubwürdigkeit – und um die Macht. Auf den ersten Blick ist es ein hoffnungsloser Kampf, im dem er jetzt sogar die Rücktrittsdrohung eingesetzt hat. Er wehrt sich gegen ungeduldige „IntifadaHelden“, gegen die mit Arafat aus dem Exil zurückgekehrten „alten Kämpfer“, gegen Hamas-Islamisten, die einen Wahlsieg bei den Parlamentswahlen im Juli ansteuern, gegen seinen weitaus weniger flexiblen Ministerpräsidenten Ahmed Kurei, gegen Korruption und Unfähigkeit in der Verwaltung.

Palästina war unter Abbas Vorgänger Jassir Arafat auf dem besten Weg, zu einem Polizeistaat verkommen, Abbas versucht dies zu vermeiden. Zu Recht beginnt er deshalb mit den Reformen des gewaltigen Sicherheitsapparates, das entspricht auch den Forderungen der „Road Map“, dem Fahrplan zum Frieden, und Forderungen der USA. Damit legt er die Basis für eine vernünftige Koordination mit den Israelis bei deren Abzug aus dem Gazastreifen. Aus einem Dutzend Sicherheitsdiensten sollen maximal drei werden, die überforderten oder unfähigen alten Kommandanten werden zu Hunderten in vorzeitige Pension geschickt. Sie sollen Platz machen für meuternde Kämpfer, die sich seit der Waffenruhe überflüssig vorkommen oder, schlimmer noch, verachtet und vergessen fühlen. Deren Gewalt hatte sich in den letzten Tagen nach innen gerichtet, auch gegen Abbas persönlich.

Gelingt ihm dieses Vorhaben dank rücksichtsloser Helfer in ihrer neuen Funktion als Oberkommandierende, so kann er vielleicht noch in letzter Minute einen Wahlsieg der Hamas und seinen Machtverlust verhindern. Der wäre wohl gleichbedeutend mit dem Ende der Hoffnung auf eine politische Lösung des Nahostkonflikts. Allerdings deuten die anhaltenden Verhandlungen namentlich mit Ministerpräsident Kurei darauf hin, dass dieser nicht gewillt ist, seinen Macht- und Einflussbereich einzuschränken. Auch steht die Fatah-Bewegung insgesamt keineswegs geschlossen hinter Abbas, sondern zu einem Großteil gegen ihn. Mahmud Abbas hat jetzt die alten Kommandanten hinausgeworfen. Damit hat er zwar den Herausforderung angenommen und die erste Schlacht gewonnen, aber noch lange nicht den Kampf um die Macht.

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